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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 23.01.2008
Aktenzeichen: 4 TaBV 4/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 2a Abs. 1 Nr. 4
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 2
ArbGG § 97
ArbGG § 97 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 313 Abs. 3
BGB § 33 Abs. 1
BGB § 56
BGB § 57
BGB § 58
BGB § 59
BGB § 71 Abs. 1 Satz 3
Auch nach Änderung der Satzung während des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesarbeitsgericht keine uneingeschränkte Tarifzuständigkeit für alle beim DRK Landesverband Sachsen beschäftigten Arbeitnehmer, sondern nur für die kaufmännischen und verwaltenden Berufsgruppen.

Mit dem Wort "insbesondere" ist die Tarifzuständigkeit nicht für andere als die kaufmännischen und verwaltenden Berufsgruppen begründbar.

Auch soweit dem Hauptvorstand der DHV in der Satzung die Möglichkeit eingeräumt wird, Arbeitnehmer aus anderen Berufsgruppen aufzunehmen, führt dies nicht zu einer rechtlich beachtlichen Erweiterung der Tarifzuständigkeit. Anforderungen an die in der Verbandssatzung festzulegende Organisationszuständigkeit.


Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Juni 2005 - 9 BV 7/04 - wird unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen auf ihren Hilfsantrag festgestellt, dass die Beteiligte zu 2) nicht zuständig ist für den Abschluss von Tarifverträgen für bei dem D. Verband S. e.V. sowie dessen Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften aller Art beschäftigte Arbeitnehmer, die nicht zu den kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören.

Der Hauptantrag wird abgewiesen.

2. Der Feststellungsantrag der Beteiligten zu 2) wird abgewiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Beteiligten streiten über die Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) für den Beteiligten zu 7), den D. Verband S. e.V.

Die Beteiligte zu 1), (Antragstellerin), ist die Gewerkschaft V. Gewerkschaft e.V. (zuk. V. Gewerkschaft e.V.). Sie ist Mitglied des D.-Bund (D.-Bund), Beteiligter zu 5). Die Beteiligte zu 2) (Antragsgegnerin) ist eine Gewerkschaft vorrangig für kaufmännische und verwaltende Berufe, die ursprünglich als "D.-Verband" firmierte und auf ihrem ordentlichen Verbandstag am 28. Oktober 2006 in "D.-Gewerkschaft e.V.." umbenannt worden ist (zuk. D.-Gewerkschaft e.V.). Sie ist Mitglied im C.-Bund (C.-Bund), Beteiligter zu 6). Bei dem Beteiligten zu 7) handelt es sich um den D. Verband S. e.V. (D. Verband S. e.V.). Weitere Beteiligte sind die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Beteiligte zu 3), der Freistaat Sachsen, vertreten durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit (Beteiligter zu 4) sowie als Beteiligte zu 8) die D.-Tarifgemeinschaft Land Sachsen.

Zu den satzungsmäßigen Aufgaben von V. Gewerkschaft e.V. gehört der Abschluss von Tarifverträgen für Verwaltungen, Betriebe und Einrichtungen des öffentlichen und privaten Gesundheitswesens sowie Verwaltungen, Betriebe und Einrichtungen der karitativen und kirchlichen Einrichtungen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf ihre Satzung in Verbindung mit Anhang 1 (Anl. A 1 zur Antragsschrift, Bl. 6 bis 45 d.A.) verwiesen. Zu den Zielen der D.-Gewerkschaft e.V., die ihren Sitz in H. mit hier ca. neun hauptamtlichen Mitarbeitern hat und deren Tätigkeitsgebiet sich wie das der Beteiligten zu 1) über das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt, gehören ebenfalls Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse mit Arbeitgebern und deren Verbänden. Ihre Organe sind nach der zuletzt gültigen Satzung i.d.F. vom 28. Oktober 2006 der Bundesgewerkschaftstag, der Aufsichtsrat und der Hauptvorstand; sie gliedert sich in Landesverbände und regionale Gruppen. Hinsichtlich der Rechtsform des D., seiner Aufgaben und seines Selbstverständnisses etc. wird auf die Mustersatzung für Kreisverbände (Anl. zur Antragsschrift, Bl. 67 ff d.A.) verwiesen.

Die vom 17. Verbandstag der Beteiligten zu 2) am 8./9. Juni 2002 beschlossene Satzung der Beteiligten zu 2) (Anl. 1 zum Schriftsatz der Bet. zu 7) und 8) vom 21.05.2004, Bl. 112 ff d.A.) enthielt u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 2 1. Der D.-Gewerkschaft e.V. ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen, die in der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst tätig sind. Die Mitgliedschaft können auch Berufsanwärter erwerben, die sich in der Berufsausbildung, einer Berufs- oder Handelsschule oder in einem Studium befinden. Er vertritt die Interessen der Mitglieder in christlich-sozialer Grundhaltung.

Er fördert ein auf die Stärkung des Persönlichkeitsbewusstseins gerichtetes Berufsethos. Er bekennt sich zu einem politisch und wirtschaftlich in Freiheit vereinten Europa. Diesem Ziel dienen:

a) Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse mit den Arbeitgebern und ihren Verbänden. Zur Durchsetzung seiner Forderungen ist er bereit, Arbeitsniederlegungen oder andere Kampfmaßnahmen einzusetzen. ..... ..... § 3 1. Die Mitgliedschaft können Arbeitnehmer und Berufsanwärter in kaufmännischen und verwaltenden Berufen erwerben.

2. Zur Wahrung gewerkschaftlicher Belange kann der Hauptvorstand auch Arbeitnehmer aus anderen Berufsgruppen aufnehmen und deren Interessen wahrnehmen. .....".

Im Laufe des vorliegenden Beschlussverfahrens beschloss die Beteiligte zu 2) auf ihrem 18. ordentlichen Verbandstag am 28. Oktober 2006 bei gleichzeitiger Änderung ihres Namens in "D.-Gewerkschaft e.V.." eine Neufassung der Satzung (Anl. zum Schriftsatz der Bet. zu 2) vom 15.05.2007 i.V.m. 03.04.2007, Bl. 839 ff d.A.). Zur näheren Begründung des Antrags auf Änderung der Satzung wird auf dessen im letzten Anhörungstermin überreichte Anlage 1 (Bl. 913 ff d.A.) verwiesen. Diese am 12. März 2007 im Vereinsregister des Amtsgerichts Hamburg eingetragene Fassung der Satzung lautet auszugsweise wie folgt:

" § 2 Aufgaben und Ziele 1. Die D.-Gewerkschaft e.V. ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen. Sie vertritt die Interessen der Mitglieder in christlich-sozialer Grundhaltung. Sie fördert ein auf die Stärkung des Persönlichkeitsbewusstseins gerichtetes Berufsethos. Sie bekennt sich zu einem politisch und wirtschaftlich in Freiheit vereinten Europa. 2. Diesem Ziel dienen:

a) Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse mit den Arbeitgebern und ihren Verbänden. Zur Durchsetzung ihrer Forderungen ist sie bereit, Arbeitsniederlegungen oder andere Kampfmaßnahmen einzusetzen. Zur Wahrung gemeinsamer Belange kann die Tarifarbeit auch in Kooperation mit anderen Gewerkschaften stattfinden. Von der D.-Gewerkschaft e.V. abgeschlossene Tarifverträge begründen die Tarifbindung für alle Mitglieder. .....

..... § 3 Mitgliedschaft 1. Die Mitgliedschaft können insbesondere Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen erwerben sowie Berufsanwärter, die sich in einer Berufsausbildung, einer Berufs- oder Handelsschule oder in einem Studium befinden.

2. Zur Wahrung gewerkschaftlicher Belange kann der Hauptvorstand auch Arbeitnehmer aus anderen Berufsgruppen aufnehmen und deren Interessen wahrnehmen. ..... § 17 Inkrafttreten Die Änderungen in § 2 Abs. 1 und Abs. 1a) sowie in § 3 Abs. 1 treten rückwirkend zum 01.01.2000 in Kraft. ...".

Auf Antrag der Beteiligten zu 2) vom 12. Juni 2007 wurde ausweislich der Mitteilung des Amtsgerichts Hamburg vom 26. Juni 2007 (Anl. D.-Gewerkschaft e.V. Bl. 865 d.A.) wegen eines offensichtlichen Schreibfehlers in § 17 der Satzung "§ 2 Abs. 1a" in "§ 2 Abs. 2a" berichtigt.

Nach Vortrag der Beteiligten zu 2) ist sie bereits seit langer Zeit im Bereich des D. gewerkschaftlich tätig. Hinsichtlich näherer Angaben hierzu wird auf ihren Schriftsatz vom 18. Mai 2004 (Bl. 103 ff d.A.) verwiesen. Seit dem Jahr 2000 hat sie nach ihren Angaben "zahlreiche" Mitglieder in den östlichen Bundesländern gewonnen. Nach Vortrag des Beteiligten zu 6) sind inzwischen "viele" Mitglieder der Beteiligten zu 2) im D. und seinen Einrichtungen beschäftigt. Eine genaue Zahl der bei dem Beteiligten zu 7) beschäftigten Mitglieder der Beteiligten zu 2) konnte im letzten Anhörungstermin vor der angerufenen Kammer nicht angegeben werden.

Nach Vortrag der Beteiligten zu 7) und 8), wonach zuvor die Beteiligte zu 1) "jahrelang" allein Tarifverträge zwischen der Beteiligten zu 1) und dem D. abgeschlossen hatte, erzielte seit dem Jahr 2001 ebenfalls die Beteiligte zu 2) mit einzelnen D.-Kreisverbänden vornehmlich in den östlichen Bundesländern wie Sachsen und Sachsen-Anhalt, auch in Brandenburg und Thüringen, Tarifabschlüsse. Erstmals kam ein Tarifabschluss mit dem D.-Kreisverband F. in Sachsen am 24. März 2001 zu Stande. Nach Vortrag der Beteiligten zu 2) (Schriftsatz vom 05.10.2006, Bl. 585 ff d.A.) wurden seither insgesamt 19 Tarifverträge mit D.-Landesverbänden, D.-Kreisverbänden, D.-Tarifgemeinschaften und anderen Gesellschaften des D. abgeschlossen. Hinsichtlich der Einzelheiten zu mit dem D. abgeschlossenen Tarifverträgen wird auf die Seiten 2 bis 5 des vorgenannten Schriftsatzes (Bl. 586 ff d.A.), im Übrigen zu abgeschlossenen Tarifverträgen insgesamt auf die Anlage 2 zum Schriftsatz der Beteiligten zu 7) und 8) vom 21. Mai 2004 (Bl. 117 ff d.A.) und auf die Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 6. Oktober 2006 (Bl. 704 ff d.A.) verwiesen.

Nachdem der Landesverband Mitteldeutschland der D.-Gewerkschaft e.V. mit der Beteiligten zu 8) im Jahr 2003 mit Wirkung ab 1. Januar 2004 den D.-Tarifvertrag Land Sachsen (zuk. D.-Tarifvertrag) abgeschlossen hatte, leitete die Beteiligte zu 1), V. Gewerkschaft e.V., unter dem 7. April 2004 zur Klärung der Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) für den Abschluss von Tarifverträgen mit dem D. Verband S. e.V. sowie deren Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften aller Art das vorliegende Beschlussverfahren ein. Der D.-Tarifvertrag gilt gemäß seinem § 1 für die Mitarbeiter des D. im D. Verband S. e.V. für alle vorerwähnten Bereiche, sofern diese Mitglieder der D.-Tarifgemeinschaften Land Sachsen sind. Er gilt u.a. nicht für Mitarbeiter, die für das D. ausschließlich ehrenamtlich tätig sind und für Mitglieder der D. Schwesternschaften. Laut Anlage 2 des Tarifvertrages wurden u.a. Entgeltgruppen für folgende Beschäftigte vereinbart: Hauswirtschaftliche Hilfskräfte, Reinigungskräfte, Hilfsarbeiter, Küchenhilfen, Beiköche, Angestellte im technischen Dienst, Köche, Rettungssanitäter, Erzieher, Sozialarbeiter, Therapeuten, Ärzte.

Die Beteiligte zu 1) meint, die Beteiligte zu 2) sei für den Bereich des D. nicht tarifzuständig und bestreitet die Zuständigkeit der Beteiligten zu 2) für den Abschluss von Tarifverträgen mit dem D. Verband S. e.V. Im Hinblick auf ihre eigene in ihrer Satzung geregelte Zuständigkeit für den Bereich des D. ergebe sich ihre Antragsbefugnis bereits aus § 97 Abs. 1 ArbGG. Überdies sei sie im Hinblick auf den mit Wirkung ab 1. Januar 2004 abgeschlossenen D.-Tarifvertrag Land Sachsen gesondert in ihrer rechtlichen Stellung betroffen. Die Beteiligte zu 2) sei für den Bereich des D. nicht tarifzuständig.

Die Beteiligte zu 1) hat zu der zur Zeit der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens gültigen Satzung der Beteiligten zu 2) vorgetragen, dass die Beteiligte zu 2) nicht für karitative Einrichtungen oder Einrichtungen des Gesundheitswesens zuständig sei. Für die mit dem D. abgeschlossenen Tarifverträge fehle es der Beteiligten zu 2) sowohl an der persönlichen als auch an der fachlichen Zuständigkeit. Ihren persönlichen Zuständigkeitsbereich habe die Beteiligte zu 2) bereits deshalb überschritten, weil im D.-Tarifvertrag Vereinbarungen zu Entgeltgruppen für Beschäftigte getroffen worden seien, die weder zu den kaufmännischen noch zu den verwaltenden Berufen gehörten und auch nicht ausschließlich Angestellte beträfen. Nach ihrem eigenen auch in der Satzung verlautbarten Selbstverständnis sowie ausweislich ihrer Veröffentlichungen wolle die Beteiligte zu 2) selbst ausschließlich für Angestellte zuständig sein. Darüber hinaus sei auch die fachliche Zuständigkeit nicht gegeben, da das D. weder zur privaten Wirtschaft noch zum öffentlichen Dienst zu rechnen sei.

Die Zuständigkeit der Beteiligten zu 2) für das D. könne sich auch nicht aus einem Beschluss des Hauptvorstandes ergeben. Dem Beschluss fehle es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage, da § 3 Abs. 2 der Satzung unwirksam sei. Eine Übertragung der Satzungsregelungskompetenz im zulässigen Rahmen finde an keiner Stelle statt. Die Beteiligte zu 2) habe in § 3 Abs. 2 der Satzung auch eine solche Kompetenz auf den Hauptvorstand nicht übertragen. Mit dieser Bestimmung werde keine Satzungsänderung erlaubt, sondern nur die gesonderte Aufnahme bestimmter einzelner Mitglieder. Dies habe aber mit der Veränderung des Zuständigkeitsbereichs nichts gemein. Im Übrigen sei fraglich, ob eine solche Kompetenzverlagerung auf den Hauptvorstand vereinsrechtlich zulässig sei. Der Hinweis auf bereits abgeschlossene Tarifverträge zur Untermauerung der Tarifzuständigkeit beinhalte einen unzulässigen Rückschluss.

Die Beteiligte zu 1) hat beantragt

festzustellen, dass die Beteiligte zu 2) nicht zuständig ist für den Abschluss von Tarifverträgen mit dem D. Verband S. e.V. sowie deren Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften aller Art.

Die Beteiligten zu 2), 6), 7) und 8) haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 6), 7) und 8) halten den Antrag aus unterschiedlichen Gründen bereits für unzulässig. Im Übrigen meinen alle Beteiligten, dass die D.-Gewerkschaft e.V. die erforderliche Tarifzuständigkeit besitze. Diese beruhe jedenfalls auf § 3 Abs. 2 der Satzung. Schon vor dem Hintergrund zahlloser mit nach dem Missverständnis der Beteiligten zu 1) "branchenfremden" Verbänden geschlossener Tarifverträge sei nicht nachvollziehbar, dass die Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) fehlen solle. Die fachliche Zuständigkeit der D.-Gewerkschaft e.V. werde - auf der Grundlage der ursprünglichen Satzung der Beteiligten zu 2) - nicht allein durch § 2 Abs. 1 bestimmt, sondern zugleich durch § 3 Abs. 1 und 2 der Satzung. Das Bundesarbeitsgericht habe im Beschluss vom 19. November 1985 (1 ABR 37/83 - AP Nr. 4 zu § 2 Tarifzuständigkeit) bereits entschieden, dass eine Gewerkschaft mit der Bestimmung, welche Arbeitnehmer Mitglieder werden können und für welche Arbeitnehmer die Aufgaben der Gewerkschaft wahrgenommen werden, zugleich auch die Reichweite der fachlichen Zuständigkeit festlege. Die fachliche Zuständigkeit der Beteiligten zu 2) ergebe sich somit bereits direkt aus ihrer Satzung, welche auch unter Beachtung der Zuständigkeitskompetenzen beschlossen worden sei. Eine Ausweitung der fachlichen Zuständigkeit durch Beschluss des Hauptvorstandes sei somit überhaupt nicht notwendig. Da sich die fachliche Tarifzuständigkeit direkt aus § 3 Abs. 2 der Satzung ergebe, habe für den Hauptvorstand der Beteiligten zu 2) kein Bedürfnis bestanden, durch einen eigenen Beschluss die Tarifzuständigkeit auszuweiten. Sie habe lediglich die Vorschrift des § 3 Abs. 2 der Satzung angewandt, indem sie auf dieser Grundlage Mitarbeiter des D. aufgenommen und entsprechende Tarifverträge abgeschlossen habe. § 3 Abs. 2 der Satzung regele damit selbst die fachliche Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2). Der Hauptvorstand der Beteiligten zu 2) habe schließlich auf seiner Sitzung am 13. Mai 2004 bekräftigt, die Mitarbeiter des D. gewerkschaftlich zu betreuen und damit die auf der Satzung beruhende Tarifzuständigkeit für karitative Berufsgruppen bestätigt, nicht aber neu begründet. Die Beteiligte zu 2) sei auch nicht nur für Angestellte zuständig.

Von der weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gem. § 87 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 69 Abs. 2 ArbGG Abstand genommen. Insoweit wird auf den tatbestandlichen Teil der Gründe des angefochtenen Beschlusses (S. 3 bis 12, Bl. 282 ff d.A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 21. Juni 2005 zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Seiten 12 bis 18 des Beschlusses verwiesen (Bl. 291 ff d.A.).

Die Beteiligte zu 1) hat gegen den ihr am 1. Juli 2005 zugestellten Beschluss am 27. Juli 2005 Beschwerde eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung am 30. September 2005 begründet.

Sämtliche Beteiligte bleiben unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag bei ihren unterschiedlichen Sach- und Rechtsstandpunkten, greifen den Beschluss des Arbeitsgerichts an bzw. verteidigen ihn und vertiefen jeweils ihr gegensätzliches Vorbringen:

Die Beteiligte zu 1) beanstandet insbesondere die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes durch das Arbeitsgericht, logische Brüche in der Argumentation und eine fehlerhafte Auslegung der Satzung der Beteiligten zu 2).

Im Hinblick auf die inzwischen erfolgte Satzungsänderung macht V. Gewerkschaft e.V. Bedenken an dem satzungsgemäßen Zustandekommen der jeweiligen Änderungen geltend. Ungeachtet dessen hätten sich wesentliche Inhalte aber nicht geändert. Insoweit bleibe es bei den bisherigen Ausführungen. Insbesondere führe die veränderte Bezeichnung der Beteiligten zu 2) nicht zu einer inhaltlichen Änderung, da sowohl aus der Satzung als auch nach dem Auftreten und Handeln nach außen, allein aus den Texten des Internetauftritts, klar ersichtlich sei, dass die Beteiligte zu 2) weiterhin beabsichtige, Angestellte aus Handel und Industrie zu vertreten. Schon mit der Bezeichnung "D.-Gewerkschaft e.V." wolle die Beteiligte zu 2) zum Ausdruck bringen, dass sie eine Berufsgewerkschaft für die kaufmännischen und verwaltenden Arbeitnehmer sei.

Anderes ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 Satz 1 der neugefassten Satzung mit der Einfügung des Wortes "insbesondere" und der Streichung des Verweises auf "private Wirtschaft" und den "öffentlichen Dienst". Der Wortlaut der Satzung und die Veröffentlichungen der Beteiligten zu 2) sprächen eindeutig dafür, dass die Beteiligte zu 2) zuständig sein wolle für Bereiche, in denen kaufmännisch und verwaltend gearbeitet wird. Für eine darüber hinausgehende Zuständigkeit gebe es keine Anhaltspunkte. Da § 3 Abs. 2 unverändert in der Satzung geblieben sei und nur dann einen Sinn ergebe, wenn nicht alle Berufsgruppen originär aus der Satzung heraus vertreten werden könnten, komme klar weiterhin zum Ausdruck, dass andere als kaufmännische und verwaltende Berufsgruppen nur durch einen Beschluss des Hauptvorstandes aufgenommen werden könnten. Die Einfügung des Wortes "insbesondere" ändere an dem bisherigen Inhalt der Satzung nichts. Eine "Insbesondere-Gewerkschaft" gäbe es nicht.

Die Regelung in § 3 Abs. 2 der Satzung sei im Übrigen zu unbestimmt und könne auch deshalb die Zuständigkeit der Beteiligten zu 2) nicht über § 2 Abs. 1 hinaus ausdehnen. Außerdem finde eine Übertragung der Satzungsregelungskompetenz im zulässigen Rahmen auf den Hauptvorstand an keiner Stelle statt. Auch die Einfügung des Satzes "Von der D.-Gewerkschaft e.V. abgeschlossene Tarifverträge begründen die Tarifbindung für alle Mitglieder" könne nicht dazu dienen, den Zuständigkeitsbereich der Beteiligten zu 2) zu erweitern. Mit diesem Satz werde etwas formuliert, was selbstverständlich sei.

Die Beteiligte zu 2) sei mithin nicht zuständig für die Betriebe des D., insbesondere nicht zuständig für Arbeitnehmer des D., die nicht zu den kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören.

Die Beteiligte zu 1) beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Juni 2005 - 9 BV 7/04 - festzustellen,

dass die Beteiligte zu 2) nicht für den Abschluss von Tarifverträgen mit dem D. Verband S. e.V. sowie deren Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften aller Art zuständig ist;

hilfsweise festzustellen,

dass die Beteiligte zu 2) nicht zuständig ist für den Abschluss von Tarifverträgen für bei dem D. Verband S. e.V. sowie deren Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften aller Art beschäftigte Arbeitnehmer, die nicht zu den kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

unter Zurückweisung der Beschwerde der Beteiligten zu 1)

1. Haupt- und Hilfsantrag der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen,

2. festzustellen, dass die Beteiligte zu 2) für den Abschluss von Tarifverträgen mit dem D. Verband S. e.V. sowie deren Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften aller Art zuständig ist.

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

den Feststellungsantrag der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 6) schließt sich unter Zurücknahme zuvor angekündigter eigener Anträge den Anträgen der Beteiligten zu 2) an.

Die Beteiligten zu 7) und 8) schließen sich den Anträgen der Beteiligten zu 2) auf Zurückweisung der Beschwerde der Beteiligten zu 1) und Zurückweisung von Hauptantrag und Hilfsantrag der Beteiligten zu 1) an.

Die Beteiligte zu 2) sowie die Beteiligten zu 6), 7) und 8) verteidigen den angefochtenen Beschluss des Arbeitsgerichts. Das Arbeitsgericht habe den Untersuchungsgrundsatz nicht verletzt und es gebe auch keine logischen Brüche in der Argumentation. Dem Arbeitsgericht sei auch keine fehlerhafte Auslegung der Satzung vorzuwerfen. Da die Wahrnehmung von Interessen den Abschluss von Tarifverträgen umfasse, habe es auch keines gesonderten Beschlusses des Hauptvorstandes der Beteiligten zu 2) bedurft, um die Interessen von Arbeitnehmern speziell durch den Abschluss von Tarifverträgen wahrnehmen zu wollen. Die Bedenken der Beteiligten zu 1) gegenüber der Wirksamkeit der Satzungsänderung entbehrten jeder Grundlage. Die geäußerten Zweifel an der Wirksamkeit der beschlossenen neuen Satzung seien ebenfalls nicht hinreichend begründet. Das zuständige Registergericht habe im Übrigen die Wirksamkeit der Satzungsänderung geprüft, bejaht und diese deshalb auch im Vereinsregister eingetragen.

Die Beteiligte zu 2) trägt gesondert vor, für ihren eigenständigen Feststellungsantrag bestehe ein Rechtsschutzinteresse, da sie selbst an einer Klärung ihrer Tarifzuständigkeit interessiert sei. Mit der Satzungsänderung habe sich Wesentliches nicht geändert; sie habe lediglich ihr bisheriges Selbstverständnis klargestellt. Insbesondere stelle der Wegfall der Formulierung "in der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst" des ursprünglichen § 2 Abs. 1 der Satzung klar, dass es keinen nicht erfassten Bereich zwischen der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst gebe. Die Hinzufügung des Wortes "insbesondere" vor den Worten "in kaufmännischen und verwaltenden Berufen" stelle klar, dass die Arbeitnehmer/innen in allen kaufmännischen und verwaltenden Berufen den Kern der Mitgliedschaft bei der Beteiligten zu 2) bildeten. Die Einbeziehung anderer Berufe erfolge nur, wenn die Verfolgung der gewerkschaftlichen Ziele der Beteiligten zu 2) dies gebiete. Dies sei dann der Fall, wenn es innerhalb des Beteiligten zu 6) für diese Berufe keine zuständige Fachgewerkschaft gebe und erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit für diese Mitglieder dies erfordere. Gesondert hinzuweisen sei auf den neuen letzten Satz in § 2 Abs. 2a der Satzung, wonach abgeschlossene Tarifverträge die Tarifbindung für alle Mitglieder begründe.

Der Beteiligte zu 4) meint, die Beteiligte zu 2) wolle mit der Satzungsänderung offensichtlich bezwecken, dass auch Arbeitnehmer im sozialen Bereich, die in einem karitativen Unternehmen, das nicht zum öffentlichen Dienst oder der Privatwirtschaft gerechnet werden könne, von ihr vertreten werden könnten. Da die Tarifzuständigkeit einer Gewerkschaft keine Allzuständigkeit sein könne, sei die Öffnung der Zuständigkeit durch den Begriff "insbesondere" wohl so zu verstehen, dass Angehörige anderer als kaufmännischer oder verwaltender Berufe dann aufgenommen werden könnten, wenn sie bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, der ansonsten unter die Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) fallen könnte. Erweitert könne die Formulierung auch so verstanden werden, dass sich die Beteiligte zu 2) dann für zuständig ansehen möchte, wenn keine andere Gewerkschaft aus der Gruppe der Christlichen Gewerkschaften zuständig wäre.

Der Beteiligte zu 6) versteht die Satzungsänderung mit der Änderung des Namens der Beteiligten zu 2) und die Einfügung des Wortes "insbesondere" in den §§ 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 ebenso wie die Ergänzung von § 2 Abs. 2a ausschließlich als Klarstellung einer zur Auslegung der vorher geltenden Satzung schon bisher von ihm vertretenen Rechtsauffassung. In der Satzung der Beteiligten zu 2) sei die Tarifzuständigkeit nicht ausdrücklich geregelt. Die Beteiligte zu 2) habe sich seit jeher mit § 3 Abs. 1 der Satzung erkennbar auch für Angehörige anderer als kaufmännische oder verwaltende Berufsgruppen dann als tarifzuständig betrachtet, wenn dies ihrem Hauptvorstand bei der Interessenvertretung von Mitgliedern "zur Wahrung gewerkschaftlicher Belange" notwendig erschienen sei. Dies sei immer dann der Fall gewesen, wenn eine andere geeignete Gewerkschaft aus der Gruppe der Christlichen Gewerkschaften für Tarifverhandlungen und einen möglichen Tarifvertragsabschluss nicht zur Verfügung gestanden habe. Dies sei zumindest seit dem Jahr 2000 bei Arbeitnehmern des D. der Fall gewesen.

Die Beteiligten zu 7) und 8) meinen, spätestens mit der Eintragung der Satzungsänderung der Beteiligten zu 2) in das Vereinsregister des Amtsgerichts Hamburg sei die streitgegenständliche Zuständigkeit der Beteiligten zu 2) für den Abschluss von Tarifverträgen mit dem D. Verband S. e.V. und seinen Untergliederungen zum einzig relevanten Beurteilungszeitpunkt, dem Zeitpunkt der Entscheidung dieses Verfahrens, zweifelsfrei gegeben. Durch die Formulierung "insbesondere" werde jetzt nur noch unterstrichen, dass die Beteiligte zu 2) auch für andere als die verwaltenden und kaufmännischen Berufsgruppen Tarifabschlüsse anstrebe und ihre Zuständigkeit auch auf andere Berufsgruppen erstrecke. Dies sei aber bereits zuvor durch die Regelung in § 3 Abs. 2 a.F. - wenn auch nicht in dieser Deutlichkeit - der Fall gewesen. Es sei nur konsequent, dass die Beteiligte zu 2) den überflüssigen Hinweis auf den Tätigkeitsbereich der Arbeitnehmer aus ihrer Satzung gestrichen habe, denn es gebe schlichtweg keine Bereiche, die über die private Wirtschaft und den öffentlichen Dienst hinaus Tätigkeitsbereiche für Arbeitnehmer sein könnten. Auch wegen der in § 17 der Satzung angeordneten Rückwirkung bestünden keine Zweifel mehr an der Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) für das D. in Sachsen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, der von den Beteiligten überreichten Unterlagen, ihrer Beweisantritte und ihrer Rechtsausführungen im übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Sitzungsniederschriften Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

B.

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist gem. § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und auch sonst zulässig, weil sie gem. §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist. Dem zusätzlich gestellten Hilfsantrag der Beteiligten zu 1) ist durch Antrag auf Zurückweisung zugestimmt worden; im Übrigen war er als sachdienlich zuzulassen. Entsprechend war auch der eigenständig von der Beteiligten zu 2) gestellte Feststellungsantrag im Beschwerdeverfahren zugelassen.

In der Sache selbst hatte die Beschwerde der Beteiligten zu 1) teilweise Erfolg. Haupt- und Hilfsantrag sind zwar zulässig, nur der Hilfsantrag ist aber begründet. Der gesondert von der Beteiligten zu 2) gestellte Feststellungsantrag ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Entscheidung beruht auf folgenden in entsprechender Anwendung von § 313 Abs. 3 ZPO zusammengefassten Erwägungen.

II.

Die Beschwerde von V. Gewerkschaft e.V. ist teilweise begründet. Zwar ist der zulässige Hauptantrag unbegründet. Hingegen war auf den zulässigen Hilfsantrag festzustellen, dass die D.-Gewerkschaft e.V. nicht tarifzuständig ist für den D. Verband S. e.V. nebst Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften, soweit für ihre Mitglieder, die nicht zu den kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören, Tarifverträge abgeschlossen werden. Hiermit erweist sich zugleich der von der D.-Gewerkschaft e.V. gestellte - zulässige - Antrag auf Feststellung einer uneingeschränkten Tarifzuständigkeit für den D. Verband S. e.V. als unbegründet.

1) Das Arbeitsgericht hat den Kreis der Beteiligten zutreffend bestimmt.

Beteiligte am Verfahren nach § 97 ArbGG über die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung sind neben dem Antragsteller alle diejenigen, deren materielle Rechtsstellung im Hinblick auf die Tarifzuständigkeit unmittelbar betroffen ist (BAG 25.09.1996 - 1 ABR 4/96 - AP Nr. 10 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Das ist hier neben der antragstellenden Beteiligten zu 1) unzweifelhaft die Beteiligte zu 2), da ihr die Zuständigkeit im Hinblick auf den streitbefangenen Tarifvertrag abgesprochen wird. Entsprechendes gilt auch für den Beteiligten zu 7) als von dem Tarifvertrag direkt betroffenen Arbeitgeber. Auch die Beteiligte zu 8) ist als abschließende Partei des D.-Tarifvertrages Sachsen von der Entscheidung in ihrer Rechtsstellung betroffen. Zu beteiligen sind regelmäßig auch die Spitzenverbände, hier die Beteiligten zu 5) und 6); die Beteiligten zu 1) und 2) sind jeweils Mitglieder des D.-Bund und des C.-Bund. Auch die Beteiligte zu 3) als oberste Arbeitsbehörde des Bundes war als Beteiligte heranzuziehen, denn die Zuständigkeit der Beteiligten zu 1) und 2) erstreckt sich über das Gebiet eines Landes hinaus. Der Beteiligte zu 4) als oberste Arbeitsbehörde des Landes Sachsen ist ebenfalls durch den streitgegenständlichen Tarifvertrag, der sich ausschließlich auf das Gebiet dieses Landes bezieht, beteiligungsfähig (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl. 2008, § 97 Rz 22 und 23; vgl. hinsichtlich der Beteiligtenstellung der Beteiligten zu 3) aber auch BAG 18.07.2006 - 1 ABR 36/05 - AP Nr. 19 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit m.w.N.).

2) Die Anträge der Beteiligten zu 1) und 2) unter Einschluss des Hilfsantrages der Beteiligten zu 1) sind zulässig.

a) Die Anträge sind nicht bereits mangels Antragsbefugnis unzulässig. Die Beteiligte zu 1) ist nach § 97 Abs. 1 ArbGG antragsbefugt. Sie ist eine Vereinigung von Arbeitnehmern, die die sachliche und räumliche Zuständigkeit zum Abschluss von Tarifverträgen besitzt und in Anspruch nimmt; damit verfügt sie über die in einem Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG erforderliche Antragsbefugnis. Gleiches gilt für die Beteiligte zu 2). Ihre Tariffähigkeit steht außer Streit, wobei es für die Antragsbefugnis nach § 97 Abs. 1 ArbGG auch unerheblich wäre, wenn über die Tariffähigkeit der antragstellenden Vereinigung gerade gestritten würde (BAG 29.06.2004 - 1 ABR 14/03 - AP Nr. 10 zu § 97 ArbGG 1979).

b) Die Beteiligten zu 1) und 2) haben an der jeweils begehrten Feststellung auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Das Feststellungsinteresse ist bereits deshalb gegeben, weil zwischen beiden Beteiligten die Tarifzuständigkeit für den Beteiligten zu 7), den D. Verband S. e.V. streitig ist. Ihre Tarifzuständigkeit für den Beteiligten zu 7) wird von der Beteiligten zu 1) für die Beteiligte zu 2) und umgekehrt bestritten. Das Interesse der Beteiligten zu 1) an negativer Feststellung der Tarifzuständigkeit entfällt auch nicht im Hinblick auf den positiven Feststellungsantrag der Beteiligten zu 2); beiden Beteiligten ist im Hinblick auf die notwendige zukünftige Klärung gesondert ein rechtliches Interesse an der gerichtlichen Feststellung zuzusprechen.

Beide Beteiligte haben auch bereits mit dem D. Verband S. e.V. Tarifverträge abgeschlossen und beabsichtigen dieses auch zukünftig. Es bedarf keines gesondert begründeten Rechtsschutzinteresses.

c) Beide Anträge sind auch hinreichend bestimmt im Sinne des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Die Anträge sind gegenwarts- bzw. zukunftsbezogen. Die Tarifzuständigkeit soll nicht hinsichtlich irgendeines in der Vergangenheit liegenden Zeitpunktes, sondern für die Gegenwart und Zukunft festgestellt werden. Die Anträge beziehen sich nicht auf den abgeschlossenen D.-Tarifvertrag Land Sachsen, sondern wollen generell und auch für die Zukunft die Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) für den Abschluss von Tarifverträgen mit dem D. Verband S. e.V. sowie deren Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften geklärt wissen. Mit den Feststellungsanträgen ist damit nicht die Rechtswirksamkeit des abgeschlossenen D.-Tarifvertrages zu prüfen.

Auch der Begriff der "Tarifzuständigkeit" ist hinreichend bestimmt. Er wird in § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG vorausgesetzt und bezeichnet die Fähigkeit eines Verbands, Tarifverträge mit einem bestimmten Geltungsbereich abzuschließen. Dementsprechend sind die Anträge der Beteiligten zu 1) und 2) wechselseitig auf die gerichtliche Feststellung gerichtet, dass die Beteiligte zu 2) nicht zuständig bzw. zuständig zum Abschluss von Tarifverträgen ist, unter deren Geltungsbereich der beteiligte D. Verband S. e.V. fällt.

3) Die Anträge sind jedoch nur teilweise begründet. Der Hauptantrag von V. Gewerkschaft e.V. ist unbegründet. Nur der Hilfsantrag ist begründet. Die D.-Gewerkschaft e.V. ist nicht tarifzuständig für den D. Verband S. e.V. nebst dessen Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften, soweit für Arbeitnehmer, die nicht zu den kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören, Tarifverträge abgeschlossen werden. Hieraus folgt zugleich, dass der Antrag der D.-Gewerkschaft e.V. auf Feststellung einer uneingeschränkten Tarifzuständigkeit für den D. Verband S. e.V. unbegründet ist.

a) Es gelten folgende allgemeine Grundsätze:

(1) Die Tarifzuständigkeit einer Gewerkschaft ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Fähigkeit eines an sich tariffähigen Verbands, Tarifverträge mit einem bestimmten Geltungsbereich abzuschließen (BAG 18.07.2006 - 1 ABR 36/05 - AP Nr. 19 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; 27.09.2005 - 1 ABR 41/04 - AP Nr. 18 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; 29.06.2004 - 1 ABR 14/03 - AP Nr. 10 zu § 97 ArbGG 1979; 25.09.1996 - 1 ABR 4/96 - AP Nr. 10 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; 12.12.1995 - 1 ABR 27/95 - AP Nr. 8 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Inhalt, Voraussetzungen und Folgen der Tarifzuständigkeit sind gesetzlich nicht geregelt. Sie wird in § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG vorausgesetzt.

Die Tarifzuständigkeit richtet sich nach dem in der Verbandssatzung festgelegten Organisationsbereich (BAG 18.07.2006 - 1 ABR 36/05 - AP Nr. 19 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; 27.09.2005 - 1 ABR 41/04 - AP Nr. 18 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; 29.06.2004 - 1 ABR 14/03 - AP Nr. 10 zu § 97 ArbGG 1979; 25.09.1996 - 1 ABR 4/96 - AP Nr. 10 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; 12.12.1995 - 1 ABR 27/95 - AP Nr. 8 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Die Normsetzung der Tarifvertragsparteien durch einen Tarifvertrag beruht auf der den Koalitionen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesenen Aufgabe, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder zu ordnen.

Auf welche Bereiche sich diese Aufgabe erstrecken soll, obliegt der Entscheidung der Mitglieder der Koalition, die sich allein in der Satzung manifestiert. Eine Gewerkschaft kann ihren Organisationsbereich betriebsbezogen, unternehmensbezogen oder nach sonstigen Kriterien abgrenzen (BAG 27.09.2005 - 1 ABR 41/04 - AP Nr. 18 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; 25.09.1996 - 1 ABR 4/96 - AP Nr. 10 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; Wiedemann/Oetker, TVG, 7. Aufl. 2007, § 2 Rz 62; Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl. 2004, § 2 Rz 93 ff; Däubler/Peter, TVG, 2. Aufl. 2006, § 2 Rz 165; Kempen, TVG, 4. Aufl. 2005, § 2 Rz 42). Dem steht das sog. Industrieverbandsprinzip nicht entgegen (BAG 27.09.2005 - 1 ABR 41/04 - AP Nr. 18 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Die Tarifzuständigkeit kann sich sowohl nach dem Industrieverbandsprinzip als auch gleichermaßen nach dem sog. Berufsprinzip, also der Organisation für bestimmte Berufsstände richten. Die Entscheidung, ob sich eine Koalition nach dem Industrieverbandsprinzip oder nach dem Berufsverbandsprinzip organisiert oder in ihrer Satzung ihre Zuständigkeit auch nur für einen oder mehrere Wirtschaftsbereiche oder für den Teil einer Branche festlegt, ist dem einzelnen Verband überlassen. Demgemäß steht es einer Gewerkschaft auch frei darüber zu entscheiden, welche bestimmten Berufsgruppen sie organisieren will bzw. ob und in welcher Weise die Tarifzuständigkeit in der Satzung räumlich, betrieblich, branchenmäßig oder auch personell begrenzt werden soll. Weder die Organisationsbezeichnung noch die bislang in Anspruch genommene Zuständigkeit binden eine Gewerkschaft dahin, dass sie ihre Tarifzuständigkeit nur auf Betriebe bestimmter Wirtschaftszweige erstrecken kann (BAG 19.11.1985 - 1 ABR 37/83 - AP Nr. 4 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Auch die Ausgestaltung des Organisationsbereichs steht dem Verband frei. Hierzu gehört auch die Entscheidung, die Mitglieder durch den Abschluss von Tarifverträgen zu vertreten. Ein Verband entscheidet zusammengefasst für sich, für welche Arbeitnehmer und in welchen Wirtschaftsbereichen er in welcher Weise tätig werden will.

Bestimmt eine Koalition ihren Organisationsbereich aufgrund ihrer Satzungsautonomie selbst, womit gleichzeitig die Zuständigkeit gegenüber den entsprechenden Arbeitgebern und deren Verbänden festgelegt ist, so muss die Tarifzuständigkeit als Teil der Verfassung einer Koalition in der Satzung geregelt sein. Bei tariffähigen, also mächtigen Koalitionen ist diese Entscheidung zwingend der Mitglieder- oder Vertreterversammlung vorbehalten (Löwisch/Rieble, a.a.O., § 2 Rz 93). Eine erweiternde Regelung der Tarifzuständigkeit kann damit vom Grundsatz her nicht dem Vorstand übertragen werden (vgl. insoweit zu einem anders liegenden Sachverhalt BAG 19.11.1985 - 1 ABR 37/83 - AP Nr. 4 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; hier bestand eine Satzungsregelung, die die Befugnis zur Satzungsänderung zwischen den Gewerkschaftstagen ausdrücklich auf den Beirat übertragen hatte).

Gewerkschaften können ihren satzungsmäßigen Zuständigkeitsbereich auch ändern, wenn ihnen dies zweckmäßig oder notwendig erscheint (BAG 19.11.1985 - 1 ABR 37/83 - AP Nr. 4 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Dies gehört nicht nur zu ihrer vereinsrechtlichen Satzungsautonomie, sondern auch zu der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Betätigungsfreiheit. Auch wenn eine Änderung des Zuständigkeitsbereichs dazu führt, dass für einen neu erfassten Betrieb nunmehr mehrere Gewerkschaften die Zuständigkeit in Anspruch nehmen und Tarifkonkurrenzen entstehen, steht dies der Zulässigkeit einer Satzungsänderung nicht entgegen (BAG 27.09.2005 - 1 ABR 41/04 - AP Nr. 18 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit).

Hinsichtlich des personellen Umfangs der Tarifzuständigkeit ist der Handlungsspielraum dahingehend eingeengt, dass die Satzung sich Zuständigkeit nur für wirklich vorhandene Mitglieder zulegen darf. Es bestehen allerdings keine Bedenken, die Tarifzuständigkeit auf eine bestimmte Gruppe von Angehörigen des Berufsverbandes zu beschränken, wenn diese in der Satzung ausreichend beschrieben wird (Wiedemann/Oetker, a.a.O., § 2 TVG Rz 78). Eine Beschränkung auf die jeweiligen Verbandsmitglieder ist dagegen rechtlich nicht möglich (BAG 18.07.2006 - 1 ABR 36/05 - AP Nr. 19 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Der Umfang der Tarifzuständigkeit des Verbands wäre dann von der Entscheidung einzelner Mitglieder über ihren Ein- und Austritt abhängig. Das wäre mit der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie und den darauf bezogenen Erfordernissen eines funktionierenden Tarifvertragssystems unvereinbar.

(2) Ungeachtet der Frage, welche Zuständigkeit sich der Berufsverband zulegt, muss er seinen Organisationsbereich und damit seine Zuständigkeit in der Satzung allerdings hinreichend klar und deutlich bestimmen.

Nach einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung muss sich die Tarifzuständigkeit eindeutig aus der Satzung ergeben. Das vom Verein gesetzte Recht muss dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht werden, sodass der Organisationsbereich hinreichend deutlich in der Satzung niederzulegen ist. Umfang und Reichweite der Tarifzuständigkeit eines Verbandes müssen in der Satzung abschließend festgelegt sein. Bei der Festlegung eines Geschäftsbereichs und damit der Tarifzuständigkeit muss der Verband seine damit in Anspruch genommene Rechtsetzungskompetenz beachten. Es ist der normähnliche Charakter der Satzung zu berücksichtigen. Sowohl die betroffenen Mitglieder und Vereinsorgane als auch die Vertragspartner (Tarifvertragsparteien) müssen die Vereinsregelung zur Kenntnis nehmen und verstehen können. Da die Satzung für Rechtsbeziehungen zu zukünftigen Mitgliedern und Dritten maßgeblich ist, muss sie aus sich heraus und einheitlich ausgelegt werden können. Aus allem folgt, dass die Tarifzuständigkeit als ein für die Wirksamkeit von Tarifverträgen wesentliches Merkmal klar und eindeutig in der Satzung geregelt sein muss (vgl. zu allem (vgl. zu allem Wiedemann/Oetker, a.a.O., § 2 Rz 72, 73; Löwisch/Rieble, a.a.O., § 2 Rz 93; Däubler/Peter, a.a.O., § 2 Rz 166; vgl. bereits Wiedemann, "Zur Tarifzuständigkeit", RdA 1975, 78; BAG 12.12.1995 - 1 ABR 27/95 - AP Nr. 8 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit).

Wie jede Zuständigkeitsordnung hat auch die Tarifzuständigkeit eine mehrfache Aufgabe: Sie will eine sachnahe Regelung ermöglichen und Abgrenzungsschwierigkeiten und Kompetenzstreitigkeiten zwischen gleichrangigen Organisationen vermeiden helfen. Eine Allzuständigkeit jedes Berufsverbandes würde den Erfordernissen sachnaher Tarifregelungen widersprechen. Obwohl die Tarifzuständigkeit der Selbstbestimmung durch die Berufsverbände unterliegt, muss das Ergebnis der übernommenen Aufgabe entsprechen. Ein Verband kann deshalb seine Zuständigkeit auch nicht willkürlich oder funktionswidrig abgrenzen, denn die Koalitionsfreiheit ist in Art. 9 Abs. 3 GG nicht um ihrer selbst willen, sondern funktionsgebunden verliehen worden (vgl. wiederum bereits Wiedemann, "Zur Tarifzuständigkeit", RdA 1975, 78; Wiedemann/Oetker, a.a.O., § 2 TVG Rz 73).

(3) Da sich die Tarifzuständigkeit mit - zumindest hinreichender - Bestimmtheit und Klarheit aus der Satzung ergeben muss, ist die Satzung, falls sie den Organisationsbereich nicht eindeutig genug umschreibt, erforderlichenfalls auszulegen.

Generell ist bei der Auslegung einer Satzung ihr normähnlicher Charakter zu berücksichtigen. Da sie für Rechtsbeziehungen zu zukünftigen Mitgliedern und Dritten maßgeblich ist, muss sie aus sich heraus und einheitlich ausgelegt werden. Es kommt auf den manifestierten (objektivierten) Willen des Satzungsgebers an. Zu berücksichtigen ist nur das, was sich aus Wortlaut, Sinn und Zweck, Entstehungszeit sowie aus dem Zusammenhang der einzelnen Regelungen ergibt. Auszugehen ist von den Anschauungen der beteiligten Berufskreise (BAG 18.07.2006 - 1 ABR 36/05 - AP Nr. 19 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit mit weiterer Rspr.; 12.12.1995 - 1 ABR 27/95 - AP Nr. 8 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; Wiedemann/Oetker, a.a.O., § 2 Rz 89). Auch die tatsächliche Handhabung und die Anschauung der beteiligten Berufskreise können bei der Auslegung von Bedeutung sein (BAG 18.07.2006 - 1 ABR 36/05 - AP Nr. 19 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit; 29.06.2004 - 1 ABR 14/03 - AP Nr. 10 zu § 97 ArbGG 1979). Ebenso wie bei Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen ist im Zweifelsfall derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, die sich als gesetzeskonform und als praktikabel erweist. Maßgeblich für die Auslegung ist allein die Satzung in der Fassung des für die Antragstellung entscheidungserheblichen Zeitpunkts.

(4) Auch wenn mit den vorstehenden Grundsätzen die tatsächliche Handhabung und die Anschauung der beteiligten Berufskreise bei der Auslegung von Bedeutung ist, kann der Organisationsbereich einer Gewerkschaft nicht vom Geltungsbereich später abgeschlossener Tarifverträge, vom tatsächlichen Auftreten des Berufsverbandes oder vom jeweiligen Mitgliederbestand abhängen, da damit eine im Voraus nicht bestimmbare Zuständigkeit in Anspruch genommen würde (so ausdrücklich bereits Wiedemann, "Zur Tarifzuständigkeit", RdA 1975, 78; vgl. zu allem auch Wiedemann/Oetker, a.a.O., § 2 Rz 72, 73; Däubler/Peter, a.a.O., § 2 Rz 165).

Wird eine Gewerkschaft oder ein Verband außerhalb des satzungsgemäßen Zuständigkeitsbereichs tätig, führt dies nicht zu einer Erweiterung der Tarifzuständigkeit (Däubler/Peter, a.a.O., § 2 Rz 165; Löwisch/Rieble, a.a.O., § 2 Rz 94; BAG 24.07.1990 - 1 ABR 46/89 - AP Nr. 7 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Durch ein Tätigwerden außerhalb der satzungsgemäßen Aufgaben können diese nicht erweitert, kann eine fehlende Tarifzuständigkeit nicht begründet werden (so ausdrücklich Löwisch/Rieble, a.a.O., § 2 Rz 94). Eine Gewerkschaft, die z.B. Mitglieder außerhalb ihres satzungsgemäßen Zuständigkeitsbereichs organisiert und für sie Tarifverträge abschließt, verfügt nicht über die erforderliche Tarifzuständigkeit, wenn dieser Bereich nicht von ihrer Satzung erfasst ist (Däubler/Peter, a.a.O., § 2 Rz 165; BAG 24.07.1990 - 1 ABR 46/89 - AP Nr. 7 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit).

Da die Tarifzuständigkeit allein aus der Satzung folgt, ist der tatsächliche Abschluss von Tarifverträgen allein kein hinreichendes Indiz für den Inhalt der Satzung. Gleiche Bedeutung kommt grundsätzlich späteren Satzungsänderungen zu. Der Umstand, dass eine Gewerkschaft in der Vergangenheit eine Vielzahl von Tarifverträgen für eine bestimmte Branche abgeschlossen hat sowie der Umstand, dass beschäftigte Arbeitnehmer in Betrieben dieser Branche bei ihr organisiert sind, ist mithin für sich allein genommen nicht geeignet, eine Tarifzuständigkeit für diese Branche und hierzu gehörige Gewerbe zu begründen (BAG 24.07.1990 - 1 ABR 46/89 - AP Nr. 7 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Der Abschluss von Tarifverträgen oder die Aufnahme von Mitgliedern in den Verband können für sich allein nicht dessen satzungsmäßige Tarifzuständigkeit erweitern (BAG 29.06.2004 - 1 ABR 14/03 - AP Nr. 10 zu § 97 ArbGG 1979; 24.07.1990 - 1 ABR 46/89 - AP Nr. 7 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit); sie können lediglich Teil der tatsächlichen Handhabung und Ausdruck der Anschauungen der beteiligten Berufskreise sein und damit bei der Auslegung Berücksichtigung finden (BAG 29.06.2004 - 1 ABR 14/03 - AP Nr. 10 zu § 97 ArbGG 1979; 14.12.1999 - 1 ABR 74/98 - AP Nr. 14 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit).

b) In Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze, denen die angerufene Kammer folgt, gibt die Auslegung der für die Entscheidung heranzuziehenden letztgültigen Fassung der Satzung der D.-Gewerkschaft e.V. weder eine hinreichende Begründung für den in der Hauptsache gestellten Feststellungsantrag der Beteiligten zu 1) noch für den eigenständigen Feststellungsantrag der Beteiligten zu 2) her. Nach der Satzung ist weder eine uneingeschränkte Tarifzuständigkeit der D.-Gewerkschaft e.V. für den D. Verband S. e.V. festzustellen noch umgekehrt ihre Tarifzuständigkeit für den D. Verband S. e.V. gänzlich auszuschließen. Es war lediglich auf den Hilfsantrag von V. Gewerkschaft e.V. festzustellen, dass die D.-Gewerkschaft e.V. nicht zuständig ist für den Abschluss von Tarifverträgen für bei dem D. Verband S. e.V. sowie deren Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften aller Art beschäftigte Arbeitnehmer, die nicht zu den kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören.

(1) Zur Beurteilung der streitgegenständlichen Feststellungsanträge war die Satzung der Beteiligten zu 2) in ihrer auf dem 18. ordentlichen Verbandstag am 28. Oktober 2006 beschlossenen Neufassung zugrunde zu legen, die mit Eintragung im Vereinsregister des Amtsgerichts Hamburg am 12. März 2007 wirksam wurde. Nicht erheblich ist, dass die Satzung erst nach Einleitung des vorliegenden Verfahrens geändert wurde. Die Beteiligten zu 1) und 2) begehren die Feststellung ihrer Zuständigkeit nicht in Bezug auf einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Sachverhalt - insbesondere kommt es nicht auf die Wirksamkeit des D.-Tarifvertrages Sachsen an -, sondern sie erstreben eine Klärung mit Wirkung für die Zukunft. Deswegen ist von der Rechtslage auszugehen, die zur Zeit der letzten mündlichen Anhörung bestand. Zu diesem Zeitpunkt war die Satzungsänderung durch den Gewerkschaftstag der Beteiligten zu 2) beschlossen und in die Satzung selbst aufgenommen.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der Satzungsänderung bestehen entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) nicht. Soweit sie auf eine andere kurzfristig erfolgte Satzungsänderung der Tarifgemeinschaft C. deren Mitglied die Beteiligte zu 2) ist, im Zusammenhang mit einem beim Arbeitsgericht Berlin zur Klärung der Tarifzuständigkeit anhängigen Beschlussverfahren hinweist und in der vorliegenden Satzungsänderung der Beteiligten zu 2) möglicherweise allein den Versuch sehen will, nachträglich eine Tarifzuständigkeit zu begründen, ist weder ein direkter Zusammenhang zum vorliegenden Verfahren noch eine "Auffälligkeit" zu sehen, aus der heraus eine Rechtsunwirksamkeit der vorliegenden Satzungsänderung abzuleiten wäre. Hieran ändert die im letzten Anhörungstermin überreichte Anlage 1 zum Antrag zur Änderung der Satzung der Beteiligten zu 2) nichts, auch wenn hier ausdrücklich das vorliegende Beschlussverfahren und sein bisheriger Verlauf als Anlass für die Satzungsänderung aufgeführt sind.

Die im Schriftsatz der Beteiligten zu 1) vom 9. Mai 2007 geäußerten Bedenken an einer ordnungsgemäßen Ladung zum 18. ordentlichen Verbandstag der D.-Gewerkschaft e.V., an seiner Beschlussfähigkeit, der erforderlichen satzungsgemäßen Mehrheit und der Anfertigung ordnungsgemäßer Niederschriften hat die Beteiligte zu 2) ausreichend unter Hinweis auf die im Vereinsregister erfolgte Eintragung ausgeräumt. Unstreitig hat das zuständige Registergericht ausweislich der zu den Akten gereichten Eintragungsmitteilung die Änderung der Satzung in das Vereinsregister eingetragen. Im Hinblick auf die gesetzlichen Prüfungspflichten des Registergerichts vor Eintragung einer Satzungsänderung gem. §§ 71 Abs. 1 Satz 3, 33 Abs. 1 BGB ist der Nachweis der ordnungsgemäßen Beschlussfassung bereits dadurch als ausreichend erbracht anzusehen, dass die Satzungsänderung vom Registergericht in das Vereinsregister aufgenommen wurde. Für die Eintragung einer Satzungsänderung gelten dieselben Regeln wie bei der Ersteintragung, insbesondere wäre die Anmeldung zurückzuweisen gewesen, wenn die Erfordernisse der §§ 56 bis 59 BGB nicht beachtet worden wären.

Die zuletzt unspezifiziert von der Beteiligten zu 1) aufrechterhaltenen Bedenken waren daneben nicht geeignet, an der Wirksamkeit der Satzungsänderung Bedenken zu begründen.

(2) Die Satzung der D.-Gewerkschaft e.V. i.d.F. vom 28. Oktober 2006, eingetragen in das Vereinsregister am 12. März 2007 , begründet eine Tarifzuständigkeit für alle Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen, auch für die bei dem Beteiligten zu 7) beschäftigten Arbeitnehmer .

Dieses Ergebnis ergibt die Auslegung der jetzt gültigen Satzung unter Berücksichtigung der oben dargestellten Auslegungskriterien. Auf die Wirksamkeit der in § 17 der Satzung geregelten Rückwirkung einzelner Satzungsregelungen kam es im Hinblick auf die gegenwarts- und zukunftsbezogenen Feststellungsanträge nicht an.

(a) Die Beteiligte zu 2) ist für ihre in kaufmännischen und verwaltenden Berufen tätigen Mitglieder tarifzuständig.

Diese Tarifzuständigkeit leitet sich aus § 2 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 der aktuellen Satzung der Beteiligten zu 2) ab.

Die einschlägigen Passagen der Satzung regeln den Organisationsbereich der D.-Gewerkschaft e.V. wie folgt:

"§ 2 Aufgaben und Ziele

1. Die D.-Gewerkschaft e.V. ist eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer insbesondere in kaufmännischen und verwaltenden Berufen. Sie vertritt die Interessen der Mitglieder in christlich-sozialer Grundhaltung. Sie fördert ein auf die Stärkung des Persönlichkeitsbewusstseins gerichtetes Berufsethos. Sie bekennt sich zu einem politisch und wirtschaftlich in Freiheit vereinten Europa.

2. Diesem Ziel dienen:

a) Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse mit den Arbeitgebern und ihren Verbänden. Zur Durchsetzung ihrer Forderungen ist sie bereit, Arbeitsniederlegungen oder andere Kampfmaßnahmen einzusetzen. Zur Wahrung gemeinsamer Belange kann die Tarifarbeit auch in Kooperation mit anderen Gewerkschaften stattfinden. Von der D.-Gewerkschaft e.V. abgeschlossene Tarifverträge begründen die Tarifbindung für alle Mitglieder. .....

..... § 3 Mitgliedschaft 1. Die Mitgliedschaft können insbesondere Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen erwerben sowie Berufsanwärter, die sich in einer Berufsausbildung, einer Berufs- oder Handelsschule oder in einem Studium befinden.

2. Zur Wahrung gewerkschaftlicher Belange kann der Hauptvorstand auch Arbeitnehmer aus anderen Berufsgruppen aufnehmen und deren Interessen wahrnehmen. .....".

Die Regelung in § 2 der Satzung eröffnet eine Tarifzuständigkeit für alle Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen .

Während nach der vorherigen Satzung auf Arbeitnehmer ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Berufen, die "in der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst" tätig waren, abgestellt wurde, kommt es jetzt auf die Beschränkung auf Arbeitnehmer mit einer Tätigkeit ausschließlich in diesen Bereichen nicht mehr an. Der Wegfall dieser Formulierung stellt klar, dass die Beteiligte zu 2) ihre Zuständigkeit auf alle in kaufmännischen und verwaltenden Berufen tätigen Mitglieder erstreckt wissen will, ohne dass diese in der privaten Wirtschaft oder dem öffentlichen Dienst tätig sind.

Ob sich mit dieser Satzungsänderung "Wesentliches" geändert hat oder nicht, kann dahinstehen. Es kommt auch nicht mehr darauf an, ob der Begriff der "privaten Wirtschaft" i.S. des arbeitsgerichtlichen Beschlusses zu verstehen war. Klargestellt ist, dass es nach Auffassung der Beteiligten zu 2) nunmehr keinen neben der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst erfassten Bereich mehr geben soll, der von ihrer Tarifzuständigkeit früher nicht bzw. nicht zweifelsfrei erfasst wurde. Mit der jetzt gültigen Satzung hat die Beteiligte zu 2) ihre Zuständigkeit ohne jegliche räumliche und fachliche Begrenzung hinsichtlich Branche, Geschäftszweig oder Art der Unternehmens- bzw. Betriebstätigkeit auf alle Arbeitnehmer mit kaufmännischen und verwaltenden Berufen ausgedehnt.

(b) Bedenken an dieser umfassenden Zuständigkeitsregelung sind von den Beteiligten unter Einschluss der Beteiligten zu 1) nicht ernsthaft geltend gemacht worden.

Voranzustellen ist, dass es für die Rechtswirksamkeit der Regelung der Tarifzuständigkeit ohne Belang ist, wenn sich die Beteiligte zu 2) mit der Satzungsänderung wie auch bisher für das Berufsgruppenprinzip und gegen das Industrieverbandsprinzip entschieden hat.

Dass die Begriffe der "kaufmännischen und verwaltenden Berufe", die auch mit der Regelung zur Mitgliedschaft gem. § 3 Abs. 1 der Satzung übereinstimmen, geeignet sind, den persönlichen Zuständigkeitsbereich hinreichend zu bestimmen, haben die Beteiligten unter Einschluss der Beteiligten zu 1) nicht in Frage gestellt. Auch die Beteiligte zu 1) hat diesbezüglich keine Einwände vorgebracht, vielmehr die ausreichende Bestimmtheit dieser Berufsgruppenbeschreibung ersichtlich bestätigt mit ihren Ausführungen, dass § 2 Abs. 1 der Satzung ausschließlich kaufmännische und verwaltende Berufe erfasse - weitere Berufsgruppen könnten aus der Satzung nicht direkt heraus Mitglieder der Beteiligten zu 2) werden - und dass das Hinzufügen des Wortes "insbesondere" in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung nichts daran ändere, dass die Beteiligte zu 2) eine Gewerkschaft für die Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen sei; anders gäbe die Bezeichnung "D.-Gewerkschaft e.V." keinen Sinn.

Die Beteiligte zu 2) hatte auch in ihrer bisherigen Satzung Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen organisiert, ohne dass diese Zuständigkeitsregelung ersichtlich in Zweifel gezogen worden wäre. Unter Berücksichtigung der Anschauungen der beteiligten Berufskreise sind diese Begriffe zusammengefasst auch nach Auffassung der angerufenen Kammer als hinreichend bestimmt anzusehen.

Etwaige Unsicherheiten bei der internen Abgrenzung des Organisationsbereichs zu anderen Gewerkschaften innerhalb des C.-Bund, wie von der Beteiligten zu 1) im letzten Anhörungstermin angesprochen, würde die Tarifzuständigkeitsregelung in der Satzung der Beteiligten zu 2) allein nicht in Frage stellen. Auch Fragen der Tarifkonkurrenz sind, wie oben ausgeführt, nicht rechtserheblich.

(c) Aus den vorstehenden Satzungsregelungen folgt eine Tarifzuständigkeit der D.-Gewerkschaft e.V. auch für den Bereich der Beteiligten zu 7) als karitativem Verband, soweit hier kaufmännische und verwaltende Berufe ausgeübt werden:

Da es nach der jetzigen Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung auf eine Beschränkung auf Arbeitnehmer mit einer Tätigkeit "in der privaten Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst" nicht mehr ankommt, sondern der Wegfall dieser Formulierung gerade klar stellt, dass die Beteiligte zu 2) ihre Zuständigkeit auf alle in kaufmännischen und verwaltenden Berufen tätigen Mitglieder erstreckt wissen will, bedarf es keiner Auseinandersetzung mehr darüber, ob es sich bei dem D. um einen der privaten Wirtschaft oder dem öffentlichen Dienst zuzuordnenden Bereich handelt. Dass bei dem Beteiligten zu 7) Mitarbeiter in kaufmännischen und verwaltenden Berufen tätig sind, ist ersichtlich und auch von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen worden.

Eine Tarifzuständigkeit für den Beteiligten zu 7) kann nicht unter Hinweis auf die unklar gebliebene Zahl der bei der Beteiligten zu 2) tarifgebundenen und bei dem Beteiligten zu 7) beschäftigten Arbeitnehmer in Frage gestellt werden. Zwar hätte das Arbeitsgericht, wenn es aus dem diesbezüglichen unspezifizierten erstinstanzlichen Vorbringen der Beteiligten zu 2) Schlussfolgerungen für die Annahme einer Tarifzuständigkeit gezogen hat, diese Angaben nicht als unstreitig auf sich beruhen lassen dürfen. Gleichwohl ist auch nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1) nicht festzustellen, dass der D.-Verband S. keine Mitglieder der D.-Gewerkschaft e.V. - in kaufmännischen und verwaltenden Berufen, wie nunmehr nach der Satzung gefordert - beschäftigt. Die Beteiligte zu 1) behauptet nicht, dass die Beteiligte zu 2) keine Mitglieder in den relevanten Bereichen habe. Die Beteiligte zu 2) hat im Übrigen ergänzend in der Beschwerdeerwiderung beispielhaft konkretisiert, dass und bei welchen Untergliederungen des Beteiligten zu 7) Mitglieder von ihr beschäftigt sind.

(d) Die D.-Gewerkschaft e.V. definiert ihre Zuständigkeit entgegen der Auffassung von V. Gewerkschaft e.V. nach Auffassung der angerufenen Kammer auch nicht ausschließlich für Angestellte. Ungeachtet der früheren Verlautbarungen der Beteiligten zu 2) unter Einschluss ihrer Internetauftritte und bei Würdigung der zur Akte gereichten Veröffentlichungen und Mitgliedschaften der Beteiligten zu 2), so im Gesamtverband Deutscher Angestelltengewerkschaften gem. § 2 Abs. 2k der Satzung (GEDAG), folgt bei vorrangiger Betrachtung des Wortlauts der neuen Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung mit der Definition als "Gewerkschaft der Arbeitnehmer" nicht, dass die Beteiligte zu 2) auch weiterhin nur eine Tarifzuständigkeit für Angestellte festgelegt hätte.

Auch wenn die Beteiligte zu 2) ursprünglich ein Verband war, in dem nur Angestellte organisiert waren und beispielsweise in der noch 1998 beschlossenen Satzung auf die Zielgruppe der "Angestellten im Handel, in der Industrie und im privaten und öffentlichen Dienstleistungsbereich" abgestellt wurde, hat sie bereits mit der im September 2002 beschlossenen Neufassung eine Tarifzuständigkeit für "Arbeitnehmer" beansprucht, um der Entwicklung Rechnung zu tragen, die zunehmend eine tarifliche Unterscheidung zwischen rentenversicherungspflichtigen Angestellten und Arbeitern nicht länger zuließ. Dass ein Verband durch Satzungsänderung seinen Zuständigkeitsbereich ändern oder erweitern kann, wurde oben (II. 3) a) (1)) ausgeführt und ist zu Recht zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Die ursprüngliche und jetzt geänderte Namensgebung der Beteiligten zu 2) von "D.-Verband" in "D.-Gewerkschaft e.V." stützt ebenfalls nicht die Annahme, dass nur Tarifverträge für Angestellte in ihren Zuständigkeitsbereich fallen sollen. Vielmehr ist in der Satzung mit dem Begriff "Arbeitnehmer" deutlich geregelt, dass die Beteiligte zu 2) bezweckt, Tarifverträge mit unmittelbarer und zwingender Wirkung für sämtliche Arbeitnehmer, d.h. auch für die gewerblichen Arbeitnehmer abzuschließen.

(3) Aus der neuen Satzung folgt jedoch keine über die kaufmännischen und verwaltenden Berufsgruppen hinausgehende uneingeschränkte Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) für alle beim D.-Verband S. beschäftigten Mitglieder .

Ein solches Ergebnis ergibt sich weder aus der in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung eingefügten Formulierung "insbesondere" noch gesondert aus der in § 3 Abs. 1 der Satzung eingefügten entsprechenden Formulierung. Die Ergänzung um das Wort "insbesondere" ist entgegen der mit der Anlage 1 zum Antrag zur Satzungsänderung verlautbarten Absicht der Beteiligten zu 2), die bisherige Ausschließlichkeit im Hinblick auf die "kaufmännischen und verwaltenden Berufe" einzuschränken, nicht geeignet, mit der erforderlichen und hinreichenden Bestimmtheit eine Tarifzuständigkeit für Arbeitnehmer weiterer Berufsgruppen festzulegen. Die Beteiligte zu 2) kann eine entsprechende Tarifzuständigkeit auch nicht aus § 3 Abs. 2 der Satzung ableiten.

Die Tarifzuständigkeit richtet sich, wie vorstehend unter (II. 3) a) (2)) ausgeführt, nach dem in der Verbandssatzung festgelegten Organisationsbereich. Es kommt auf den manifestierten (objektivierten) Willen des Satzungsgebers an. Bei der Auslegung der Satzung ist ihr normähnlicher Charakter zu berücksichtigen. Wegen ihrer Bedeutung für die Rechtsbeziehungen zu zukünftigen Mitgliedern und Dritten und ihrer Wirkung gegenüber Dritten, insbesondere den Tarifvertragsparteien, muss eine Satzung aus sich heraus und einheitlich auslegbar und klar und deutlich formuliert sein. Der Organisationsbereich ist mithin hinreichend bestimmt in der Satzung festzulegen.

Diese Anforderungen erfüllen die einschlägigen Satzungsregelungen insgesamt nicht. In Berücksichtigung der maßgeblichen Auslegungskriterien führt weder die Auslegung der § 2 Abs. 1 Satz 1 allein noch i.V.m. § 3 Abs. 1 der jetzigen Satzung noch die Regelung von § 3 Abs. 2 der Satzung zu dem von der Beteiligten zu 2) erstrebten Ergebnis.

(a) Aus § 2 Abs. 1 Satz 1 allein oder i.V.m. § 3 Abs. 1 der Satzung folgt eine uneingeschränkte Tarifzuständigkeit der D.-Gewerkschaft e.V. für alle ihre beim D.-Verband S. beschäftigten Mitglieder, auch soweit sie nicht zu den kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören, nicht. Weder der Wortlaut noch die Auslegung dieser Regelungen über den Wortlaut hinaus führen zu einem solchen Ergebnis. Ist auf den objektivierten Willen des Satzungsgebers abzustellen, wobei maßgebliche Bedeutung neben dem Wortlaut dem Sinn und Zweck, der Entstehungsgeschichte und dem Gesamtzusammenhang der Satzung zukommen, so ist eine uneingeschränkte Tarifzuständigkeit entsprechend dem Feststellungsbegehren der Beteiligten zu 2) nicht festzustellen. Hieran ändern auch die tatsächliche Handhabung und die möglichen Anschauungen der beteiligten Berufskreise nichts.

(aa) Bereits der Wortlaut dieser Satzungsbestimmungen gibt eine Regelung der Tarifzuständigkeit i.S. der Beteiligten zu 2) nicht her. Eine nur annähernd deutliche und bestimmbare Festlegung der Tarifzuständigkeit ist durch die Einfügung des Wortes "insbesondere" nicht gelungen:

Der Wortlaut der einschlägigen Regelungen der Satzung spricht zwar, wie ausgeführt, hinreichend deutlich für eine Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) für Bereiche, in denen kaufmännisch und verwaltend gearbeitet wird. Soll die Einfügung des Wortes "insbesondere" nach der Anlage 1 zur Begründung der Satzungsänderung die "bisherige Ausschließlichkeit" im Hinblick auf die kaufmännischen und verwaltenden Berufe einschränken, muss sie damit aber zugleich rechtswirksam eine Zuständigkeit für andere Berufsgruppen eröffnen können. Diese Absicht ist mit der vorgenommenen Ergänzung nicht erreicht. Die Einfügung des Wortes "insbesondere" in § 2 Abs. 1 Satz 1 der jetzt gültigen Satzung, auch i.V.m. § 3 Abs. 1, eröffnet eine Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) über die Berufsgruppen der kaufmännischen und verwaltenden Berufe hinaus auf andere (welche?) Berufsgruppen nicht. Auch der Beteiligte zu 4) hat hierzu vorsichtig ausgeführt, die Öffnung der Zuständigkeit durch den Begriff "insbesondere" sei, da die Tarifzuständigkeit einer Gewerkschaft keine Allzuständigkeit sein könne, wohl so zu verstehen, dass Angehörige anderer als kaufmännischer oder verwaltender Berufe dann aufgenommen werden könnten, wenn sie bei einem Arbeitnehmer beschäftigt sind, der ansonsten unter die Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) fallen könnte. Diese Bewertung offenbart die Unbestimmtheit der Regelung.

Die Beteiligte zu 2) hat auf eine branchenmäßige Aufgliederung verzichtet. Die D.-Gewerkschaft e.V. ist, wie auch der Beteiligte zu 6) herausstellt, eine sog. Berufsgewerkschaft, deren Mitglieder überwiegend in "kaufmännischen und verwaltenden Berufen" tätig sind. Hieraus folgt mit dem Beteiligten zu 6), dass die Berufsgruppenzugehörigkeit nach der Satzung der Beteiligten zu 2) das maßgebliche Merkmal für die Abgrenzung ihres Organisationsbereichs ist. Da die D.-Gewerkschaft e.V. mit der Neufassung ihrer Satzung auf eine Beschränkung der fachlichen Zuständigkeit auf die private Wirtschaft und den öffentlichen Dienst verzichtet hat und ihre Tarifzuständigkeit nunmehr ausschließlich persönlich definiert, wurde eine nähere Bestimmung der Berufsgruppen erforderlich. Dieses hat die Beteiligte zu 2) für Mitglieder mit kaufmännischen und verwaltenden Berufe zwar hinreichend getan. Welche anderen Berufsgruppen mit dem Wort "insbesondere" erfasst sind, ergibt sich aus der geänderten Satzung jedoch nicht. Die Beteiligte zu 2) hätte im Hinblick auf das gewählte Berufsgruppenprinzip diejenigen Berufsgruppen, die sie durch ihren Organisationsbereich erfassen will, klar und eindeutig in die Satzung aufzunehmen gehabt, ob durch Aufzählung weiterer Berufsgruppen oder durch Angabe bestimmter Branchen oder Nennung weiterer Kriterien, mag dahinstehen. Mit der Einfügung des Wortes "insbesondere" sind die Anforderungen an die Bestimmtheit einer satzungsgemäß niederzulegenden Tarifzuständigkeit nicht erfüllt. Für welche anderen Berufsgruppen über die erwähnten kaufmännischen und verwaltenden Berufe hinaus die Zuständigkeit beansprucht wird, ist völlig unklar geblieben. Mit der Beteiligten zu 1) ist festzustellen, dass es eine "Insbesondere-Gewerkschaft" nicht gibt.

Wenn die Beteiligten zu 7) und 8 die Formulierung "insbesondere" so verstanden wissen wollen, dass der Schwerpunkt zwar weiterhin bei den "Angestellten der kaufmännischen und verwaltenden Berufe bleibt", davon unabhängig aber auch andere Arbeitnehmergruppen aufgenommen werden können, sind diese "anderen Arbeitnehmergruppen" damit eben nicht bestimmt und auch nicht bestimmbar. Gleiches gilt für die in der letzten Anhörung vor der Kammer vorgetragene Auffassung der Beteiligten zu 2), das Wort "insbesondere" solle Sachnähe zu kaufmännischen und verwaltenden Berufen beinhalten. Auch insoweit ist weder mit dem Wort "insbesondere" noch einem entsprechenden Begriffsgehalt eine Festlegung des Organisationsbereichs erfolgt. Wird berücksichtigt, dass bereits im D.-Tarifvertrag unter anderem Entgeltgruppen für Beschäftigte vereinbart wurden, die wie etwa hauswirtschaftliche Hilfskräfte, Reinigungskräfte, Köche, Erzieher, Therapeuten, Ärzte zweifellos weder zu den kaufmännischen noch zu den verwaltenden Berufen gehören und auch nicht in der Nähe dieser Berufe anzusiedeln sind und wird zugrunde gelegt, dass dieser Zuständigkeitskatalog ersichtlich dem Selbstverständnis der Beteiligten zu 2) entspricht, so zeigt diese Aufzählung beispielhaft, dass die Beteiligte zu 2) bereits vor der Neufassung der Satzung eine weit reichende Tarifzuständigkeit in Anspruch nahm. Ob dieses nach der damaligen Satzung gerechtfertigt war, kann dahinstehen. Der D.-Tarifvertrag war mit den gestellten Anträgen nicht zu überprüfen. Jedenfalls wird diese Sichtweise der Beteiligten zu 2) von der jetzigen Satzung mit der Formulierung "insbesondere" nicht getragen. Zweifellos stehen die von der Beteiligten zu 2) im D.-Tarifvertrag geregelten Berufe nicht in Sachnähe zu kaufmännischen oder verwaltenden Tätigkeiten oder zu den Bereichen Büro, Verwaltung, Handel. Dieses verdeutlicht die Unbestimmtheit des eingefügten Begriffs "insbesondere".

Dass von § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung nur kaufmännische und verwaltende und nicht weitere Berufsgruppen erfasst werden, ergibt sich letztlich auch aus § 3 Abs. 1 und 2 der neugefassten Satzung. Unverändert sollen über § 3 Abs. 1 hinaus mit § 3 Abs. 2 der Satzung andere als kaufmännische und verwaltende Berufsgruppen durch einen Beschluss des Hauptvorstandes aufgenommen und Mitglieder werden können. Dies ergibt sich unzweideutig aus der Formulierung "der Hauptvorstand kann auch Arbeitnehmer anderer Berufsgruppen aufnehmen". Ungeachtet dessen, dass auch die Regelung in § 3 Abs. 2 der Satzung, wie nachfolgend noch näher auszuführen ist, den Anforderungen an die Bestimmtheit der Festlegung der Tarifzuständigkeit in einer Verbandssatzung nicht gerecht wird, ergäbe § 3 Abs. 2 nur dann einen Sinn, wenn andere Berufsgruppen nicht bereits originär aus der Satzung heraus vertreten werden könnten. Letzteres ist aus § 2 Abs. 1 Satz 1 bzw. i. V. m. § 3 Abs. 1 der Satzung für weitere als kaufmännische und verwaltende Berufe nicht herzuleiten. Dem entspricht im Ergebnis die Auffassung des Beteiligten zu 6), wenn er vorträgt, in der Satzung der Beteiligten zu 2) sei die Tarifzuständigkeit nicht ausdrücklich geregelt; sie ergebe sich vielmehr zwangsläufig aus der Mitgliedschaft der Arbeitnehmer von in der Satzung ausdrücklich genannten Berufsgruppen und solcher Arbeitnehmer anderer Berufsgruppen, deren Mitgliedschaft nach § 3 Abs. 2 vom Hauptvorstand der Beteiligten zu 2) dort begründet wurde, wo dies "zur Wahrung wirtschaftlicher Belange" beim Abschluss von Tarifverträgen erforderlich war. Dies ist mit den Anforderungen an die Bestimmtheit des in der Satzung festzulegenden Organisationsbereichs nicht vereinbar.

(bb) Für die systematische Auslegung der Zuständigkeitsnormen in § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 der jetzigen Satzung kommt es nicht mehr darauf an, ob in der ab 2002 gültigen Satzung mit § 2 Abs. 1 ausschließlich die fachliche Zuständigkeit und mit § 3 Abs. 1 und 2 ausschließlich die persönliche Zuständigkeit geregelt war (so die Beteiligte zu 1)) oder ob § 3 Abs. 2 "nach seinem klaren Wortlaut" bewusst über die in § 2 geregelten Berufsgruppen hinaus die Tarifzuständigkeit regeln wollte (so die Beteiligte zu 2)) oder ob die fachliche Tarifzuständigkeit allein aus § 3 Abs. 2 der ursprünglichen Satzung folgte (so wohl die Beteiligten zu 7) und 8)). Ungeachtet der Frage, ob in § 2 Abs. 1 vorrangig mit der Darstellung der Aufgaben und Ziele der Organisationsbereich und in § 3 vorrangig die Bestimmung der Mitglieder geregelt werden sollte und soll, was die hinzugefügten Überschriften in der neugefassten Satzung verdeutlichen könnten, und ob damit § 3 Abs. 2 der Satzung überhaupt zur Bestimmung des Organisationsbereichs heranzuziehen wäre, ergibt sich weder aus § 2 Abs. 1 Satz 1 noch aus § 3 Abs. 1 der geänderten Satzung mit dem jeweils verwendeten Begriff "insbesondere" eine ausreichend bestimmt erfolgte Angabe zur Tarifzuständigkeit für Berufsgruppen, die nicht kaufmännische oder verwaltende Berufe ausüben.

( cc) Soweit die Auslegung Sinn und Zweck der Regelungen in § 2 Abs. 1 Satz 1 allein oder i.V.m. § 3 Abs. 1 der Satzung zu berücksichtigen hat, folgt hieraus ebenfalls kein in der Satzung hinreichend niedergelegter Organisationsbereich im Sinne der D.-Gewerkschaft e.V..

Die Beteiligte zu 2) hat herausgestellt, dass die Hinzufügung des Wortes "insbesondere" vor den Worten "in kaufmännischen und verwaltenden Berufen" klarstelle, dass die Arbeitnehmer/innen in allen kaufmännischen und verwaltenden Berufen den Kern der Mitgliedschaft bei ihr bildeten. Insoweit habe sich Wesentliches nicht geändert. Die Einbeziehung anderer Berufe erfolge nur, wenn die Verfolgung der gewerkschaftlichen Ziele der Beteiligten zu 2) dieses gebiete. Dies sei dann der Fall, wenn es innerhalb des Beteiligten zu 6) für diese Berufe keine zuständige Fachgewerkschaft gäbe und erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit für diese Mitglieder dieses erfordere. Nach Auffassung des Beteiligten zu 6) dienen die Änderung des Namens und die Einfügung des Wortes "insbesondere" in den §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 Abs. 1 der Satzung ebenso wie die Ergänzung von § 2 Abs. 2a, nach welcher von der D.-Gewerkschaft e.V. abgeschlossene Tarifverträge die Tarifbindung für alle Mitglieder begründen, ausschließlich der Klarstellung einer zur Auslegung der vorher geltenden Satzung schon bisher vertretenen Rechtsauffassung: Mit der Einfügung des Wortes "insbesondere" sei verdeutlicht, was zur Wahrung wirtschaftlicher Belange schon seit langem gegolten habe, dass nämlich nach § 3 Abs. 2 der Satzung mit Zustimmung des Hauptvorstandes auch Angehörige anderer Berufsgruppen als Mitglieder aufgenommen und deren Interessen bei Tarifverhandlungen vertreten werden konnten, "wo dies "zur Wahrung wirtschaftlicher Belange" beim Abschluss von Tarifverträgen erforderlich war". Nach Auffassung der Beteiligten zu 7) und 8) wurde mit der Einfügung des Wortes "insbesondere" klargestellt, dass die Zielgruppe der Beteiligten zu 2) nicht auf Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen beschränkt sei; es könnten vielmehr auch Arbeitnehmer anderer Berufsgruppen aufgenommen und deren Interessen durch den Abschluss von Tarifverträgen vertreten werden. Dies sei jedoch bereits vor der Satzungsänderung der Fall gewesen, sodass sich durch die Einfügung des Wortes "insbesondere" in §§ 2 und 3 der Satzung nichts Wesentliches geändert habe. Allerdings würde die Auslegung des Wortes "insbesondere" durch die Beteiligten zu 4) und 6) nicht geteilt. Nach der gebotenen normativen Satzungsauslegung könne die Formulierung "insbesondere" nur so verstanden werden, dass der Schwerpunkt zwar weiterhin bei den "Angestellten der kaufmännischen und verwaltenden Berufe" bleibe, davon unabhängig aber auch andere Arbeitnehmergruppen aufgenommen werden könnten.

Keine dieser teilweise unterschiedlich dargestellten Zielsetzungen haben sich in der Satzung niedergeschlagen. Ungeachtet dessen ist der mit der Einfügung des Wortes "insbesondere" in §§ 2 und 3 der Neufassung der Satzung der Beteiligten zu 2) verfolgte Zweck auch deshalb unbeachtlich, weil er dem Bestimmtheitsgebot an den in der Satzung niederzulegenden Organisationsbereich nicht gerecht würde. Die Anforderungen an eine klar und eindeutig beschriebene Tarifzuständigkeit wären mit dem Zusatz "insbesondere" auch bei Zugrundelegung der vorgetragenen Zielsetzung nicht berücksichtigt.

Richtet sich die Tarifzuständigkeit nach dem in der Verbandssatzung festgelegten Organisationsbereich und ist bei der Auslegung einer Satzung ihr normähnliche Charakter zu berücksichtigen, da sie für Rechtsbeziehungen zu zukünftigen Mitgliedern und Dritten maßgebend ist, so kommt es auf den manifestierten (objektivierten) Willen des Satzungsgebers an. Die Satzung muss aus sich heraus und einheitlich ausgelegt werden können; der Organisationsbereich muss hinreichend deutlich in der Satzung bestimmt sich oder jedenfalls zu bestimmen sein. Diese Vorgaben erfüllen die Satzungsregelungen der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 Abs. 1 mit der Einfügung des Wortes "insbesondere" nicht. Der mit der Satzungsänderung verfolgte Zweck ändert hieran nichts, solange er die Anforderungen an eine satzungsförmig festzulegende Organisationszuständigkeit nicht ausreichend beachtet. Dies gilt unabhängig davon, ob er seinen Niederschlag in der Satzung gefunden hat.

(dd) Eine historische Betrachtung führt nicht weiter. Sie zeigt, dass die Beteiligte zu 2) primär stets eine Berufsgewerkschaft der "Handlungsgehilfen" vornehmlich im Sinne eines allgemeinen Sprachgebrauchs war, der vor allem, aber nicht ausschließlich Angehörige kaufmännischer und verwaltender, aber auch anderer Berufe umfasste. Dies sollte in der 1998 beschlossenen Fassung der Satzung mit "Angestellten im Handel, in der Industrie und im privaten und öffentlichen Dienstleistungsbereich" umschrieben werden und wurde in der 2002 beschlossenen Fassung bekräftigt, nach welcher die Beteiligte zu 2) "eine Gewerkschaft der Arbeitnehmer in kaufmännischen und verwaltenden Berufen, die in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst tätig sind", war. Die nunmehr geänderte Fassung hat nach Vortrag der D.-Gewerkschaft e.V. ihrem geänderten Selbstverständnis Rechnung tragen bzw. verdeutlichen sollen, dass nach § 3 Abs. 2 zur Wahrung wirtschaftlicher Belange auch Angehörige anderer Berufsgruppen als Mitglieder aufgenommen und bei Tarifverhandlungen vertreten werden können.

Diese Entwicklung gibt zur Auslegung der Tarifzuständigkeit nichts her, spiegelt sich vielmehr in den Änderungen der Satzung wider, verdeutlicht jedoch den von der Beteiligten zu 2) nunmehr beanspruchten Organisationsbereich nicht. Es verbleibt bei der unzulänglich bestimmten Tarifzuständigkeit über kaufmännische und verwaltende Berufsgruppen hinaus.

(ee) Nichts anderes folgt aus der bisherigen und jetzigen Außendarstellung der Beteiligten zu 2) unter Einschluss ihrer Internetauftritte. Die von den Beteiligten zu 7) und 8) selbst teilweise als versehentlich missverständlich bezeichneten Internetauftritte der Beteiligten zu 2) geben für die Auslegung der satzungsgemäßen Tarifzuständigkeit wenig her und haben sich überdies in letzter Zeit, auch in Übereinstimmung mit der durchgeführten Satzungsänderung, geändert. Es ist insoweit überdies schwerlich auszumachen, ob die beteiligten Berufskreise hierdurch in bisherigen oder anderen (welchen?) Auffassungen bestärkt wurden. Ob das Selbstverständnis der Beteiligten zu 2) mit der Änderung des Satzungstextes gleich geblieben oder sich geändert hat, ist ebenfalls nicht feststellbar, aber auch nicht von Belang. Demgemäß kommt auch der Tatsache, dass die Beteiligte zu 2) weiterhin Mitglied im Gesamtverband Deutscher Angestelltengewerkschaften ist, keine gesonderte Aussagekraft zu.

Mit der Einfügung des Wortes "insbesondere" in §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 der neugefassten Satzung hat die D.-Gewerkschaft e.V. nach allem ihre Tarifzuständigkeit nicht über die Mitarbeiter kaufmännischer und verwaltender Berufe hinaus wirksam auf andere Berufsgruppen erstreckt. Zum Abschluss von Tarifverträgen mit dem D.-Verband S. für weitere Arbeitnehmer, die bei der D.-Gewerkschaft e.V. Mitglieder sind, ist sie nach dem in ihrer Verbandssatzung festgelegten Organisationsbereich nicht zuständig.

(b) Die Beteiligte zu 2) kann die fehlende Tarifzuständigkeit für Berufsgruppen, die nicht kaufmännische und verwaltende Berufe ausüben, auch nicht über § 3 Abs. 2 der Satzung heilen. § 3 Abs. 2 begründet wirksam eine Zuständigkeit der D.-Gewerkschaft e.V. weder allein noch in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung für andere als die Berufsgruppen der kaufmännischen und verwaltenden Berufe. Ob § 3 Abs. 2 der Satzung mit der Auffassung der Beteiligten zu 2) nach ihrem Wortlaut bewusst über die Berufsgruppen der kaufmännischen und verwaltenden Bereiche hinausgeht, kann dahinstehen. Jedenfalls ist mit dieser Regelung eine über die kaufmännischen und verwaltenden Berufe hinausgehende Tarifzuständigkeit nicht definiert und nicht erreichbar.

Den dargestellten zwingenden Voraussetzungen, die der Satzungsgeber zur Festlegung von Umfang und Reichweite der Tarifzuständigkeit seines Verbandes zu beachten hat, wird § 3 Abs. 2 der Satzung nicht gerecht. Kommt es auf den manifestierten (objektivierten) Willen des Satzungsgebers an, mit dem er seinen Organisationsbereich in der Satzung niederzulegen hat, so ist eine Regelung, mit welcher "der Hauptvorstand" zur "Wahrung gewerkschaftlicher Belange" "auch Arbeitnehmer aus anderen Berufsgruppen aufnehmen und deren Interessen wahrnehmen" kann, von vornherein nicht geeignet, seine Tarifzuständigkeit zu definieren. Gerade bei Gewerkschaften sind hohe Anforderungen an die Bestimmtheit der Satzung zu stellen, da sie die Befugnis haben, Tarifverträge abzuschließen und damit Recht zu setzen. Tarifverträge binden Dritte und haben Rechtsqualität, sodass insbesondere im Interesse Dritter Klarheit über den Zuständigkeitsbereich herrschen muss. Soweit die Beteiligten zu 7) und 8) der Auffassung sind, es müsse sich nicht "eindeutig" aus der Satzung ergeben, welche Tarifzuständigkeit eine Gewerkschaft hat, dies widerspräche auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach welcher die Tarifzuständigkeit durch Auslegung der Satzung zu bestimmen ist und es einer solchen Auslegung, wäre eine eindeutige Regelung Voraussetzung, nicht bedürfte, so wird diese Auffassung der oben dargestellten Rechtsprechung und Literatur nicht gerecht. Ist die Satzung einer Gewerkschaft maßgebend für Rechtsbeziehungen zu zukünftigen Mitgliedern und Dritten, muss sie aus sich heraus und einheitlich ausgelegt werden. Eine erforderlich werdende Auslegung der Satzung hat dieses zu berücksichtigen. Selbst wenn eine Satzung, die mehrdeutige oder unklare Bestimmungen hat, auslegungsbedürftig sein kann, setzt dies eine Auslegungsfähigkeit voraus. Zu Recht verlangen andererseits auch die Beteiligten zu 7) und 8), dass die Satzung einen auslegungsfähigen, für Dritte bestimmbaren Inhalt hinsichtlich der Tarifzuständigkeit hat. Diese Anforderungen erfüllt die Satzungsregelung in § 3 Abs. 2 nicht, auch nicht i.V.m. § 2 Abs. 1, denn der Organisationsbereich ist mit dieser Regelung nicht hinreichend bestimmt.

Durch die Regelung des § 3 Abs. 2 der Satzung könnte sich die Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) mit der Aufnahme einzelner Mitglieder durch den Hauptvorstand erweitern, ohne dass sich dies aus der Satzung selbst ergäbe. Die Tarifzuständigkeit wäre damit vom Willen einzelner Mitglieder und eines entsprechenden Aufnahmebeschlusses durch den Hauptvorstand abhängig. Ungeachtet der Frage, ob eine Satzung einem Gremium wie dem Hauptvorstand eine wie vorliegend eingeräumte Befugnis generell zuweisen darf und ungeachtet der Frage, ob ein Beschluss des Hauptvorstandes tatsächlich die Satzung auch insoweit konkret erweitert hat und ob der Hauptvorstand tatsächlich Arbeitnehmer anderer Berufsgruppen aufgenommen hat, was die Beteiligte zu 1) bestritten hat, wäre eine solche Erweiterung der Tarifzuständigkeit von vornherein zu unbestimmt.

Die Beteiligte zu 1) hat es in diesem Zusammenhang bereits zu Recht als unzureichend angesehen, dass die Zuständigkeit in nicht veröffentlichten Hauptvorstandsprotokollen festgelegt wäre, denn auf Grund der Rechtssicherheit für Dritte kann es schwerlich sein, dass die Zuständigkeit in nicht veröffentlichten Hauptvorstandsprotokollen festgelegt ist. Überdies findet ausweislich der Satzung eine Übertragung der Satzungsregelungskompetenz im zulässigen Rahmen an keiner Stelle statt, denn diese könnte zum jetzigen Zeitpunkt wirksam nur durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung erfolgen, die als Einzige für eine solche Satzungsänderung die Kompetenz hätte. Auch in § 3 Abs. 2 der Satzung werden derartige Kompetenzen nicht auf den Hauptvorstand übertragen, denn mit dieser Bestimmung wird keine Satzungsänderung erlaubt, sondern nur die gesonderte Aufnahme bestimmter einzelner Mitglieder. Dieses hat, wie die Beteiligte zu 1) zu Recht hervorhebt, mit der Veränderung des Zuständigkeitsbereichs, der als Grundlage für die Tarifzuständigkeit ausdrücklich und eindeutig in der Satzung zu regeln ist, nichts gemein. Nichts anderes folgt aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. November 1985 (1 ABR 37/83 - AP Nr. 4 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit), denn hier bestand eine Satzungsregelung, die die Befugnis zur Satzungsänderung zwischen den Gewerkschaftstagen ausdrücklich auf den Beirat übertragen hatte. Ungeachtet geäußerter Kritik an dieser Entscheidung ist der dortige Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

Aber auch bei rechtswirksamer Erweiterungsmöglichkeit der Tarifzuständigkeit durch einen jeweiligen Aufnahmebeschlusses gem. § 3 Abs. 2 der Satzung wäre sowohl für Außenstehende, aber auch für Vertragspartner nicht nachvollziehbar, ob der Verband tatsächlich zuständig ist. Eines Nachweises der Aufnahme bestimmter Berufsgruppen - insoweit soll nach § 3 Abs. 2 auch die Aufnahme einzelner Mitglieder ausreichen - ist in der Satzung nicht vorgesehen. Damit ist der Organisationsbereich weder abschließend festgelegt noch in der Satzung bestimmt oder nur bestimmbar. Könnte der Organisationsbereich über § 3 Abs. 2 der Satzung durch Beschluss des Hauptvorstandes auf andere Berufsgruppen als die der kaufmännischen und verwaltenden Berufe bzw. bereits durch Aufnahme einzelner Arbeitnehmer aus anderen Berufsgruppen erweitert werden, wird offenkundig, dass mit dieser Regelung eine gesonderte Tarifzuständigkeit nicht einmal umrissen ist. Dies gilt erst Recht, wenn ausweislich der Satzung eine solche Ausdehnung der Tarifzuständigkeit wesentlich mit der "Wahrung gewerkschaftlicher Belange" begründet wird. Für eine solche Erweiterung des Organisationsbereichs durch Aufnahme von - gegebenenfalls einzelnen - Arbeitnehmern anderer (welcher?) Berufsgruppen durch den Hauptvorstand fehlt es unzweideutig an der notwendigen Klarheit und Bestimmtheit.

Hinzuzufügen bleibt, dass eine Tarifzuständigkeit nicht allein mitgliedschaftsbezogen bestimmt werden kann, wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 18. Juli 2006 (1 ABR 36/05 - AP Nr. 19 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit) für die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband festgestellt hat. Wörtlich heißt es hier: "Eine Satzungsbestimmung, welche den Umfang der Tarifzuständigkeit einer Vereinigung vom Ein- und Austritt einzelner Mitglieder abhängig macht, ist mit den Erfordernissen eines funktionierenden Tarifvertragssystems und der darauf bezogenen Ausgestaltung der Tarifautonomie durch die Regelungen des TVG und durch § 77 Abs. 3 BetrVG unvereinbar. ... Durch eine mitgliedschaftsbezogene "Regelung" der Tarifzuständigkeit verliert das Merkmal der Tarifgebundenheit seine für das Tarifvertragssystem nach der Konzeption des TVG konstitutive Bedeutung". Diese Entscheidung, der eine Prüfung einer Satzung zugrunde lag, die die Tarifzuständigkeit auf die jeweiligen Mitglieder beschränkte , hat nach Auffassung der Kammer auch für die vorliegende Fallgestaltung Bedeutung. Mit der Aufnahme von Arbeitnehmern aus undefinierten Berufsgruppen ist eine Tarifzuständigkeit für solche Berufsgruppen (welche?) nicht gesondert herzustellen; eine auf zumindest bestimmbare Berufsgruppen definierte Tarifzuständigkeit ist hiermit nicht ermöglicht. Eine so umrissene Tarifzuständigkeit wird der Satzungsautonomie nicht gerecht.

Soweit die Beteiligten zu 7) und 8) einwenden, nicht die Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) sei von einem Vorstandsbeschluss abhängig und werde durch diesen begründet, vielmehr sei es lediglich die Ausübung der allgemeinen Tarifzuständigkeit , die von einem Beschluss abhänge, so ist diese Argumentation für die angerufene Kammer nicht nachvollziehbar geworden. Hiermit wird eine "allgemeine Tarifzuständigkeit" in Anspruch genommen, die jedoch an keiner Stelle aus der Satzung, weder aus § 2 Abs. 1 Satz 1 noch aus § 3 Abs. 1, abzuleiten ist. Ist ein Organisationsbereich in der Satzung zu manifestieren, so muss dieser, gegebenenfalls auch nach Auslegung, jedenfalls bestimmbar sein. Hiervon kann bei einer "allgemeinen" nicht näher definierten, sondern bereits vorausgesetzten Regelung der Tarifzuständigkeit keine Rede sein. Es ergibt sich nichts anderes, wenn die Beteiligten zu 7) und 8) § 3 Abs. 2 der Satzung als "allgemeine Öffnungsklausel verstehen, die die Tarifzuständigkeit für sämtliche Berufsgruppen - also nicht nur für kaufmännische und verwaltende Berufe, sondern auch für karitative, handwerkliche, medizinische ... " begründe. Eine allgemeine nicht näher definierte Öffnungsklausel ist nicht geeignet, die Aufgabe einer Verbandssatzung zu erfüllen, nämlich den Organisationsbereich für Dritte erkennbar zu bestimmen. Stellt die Satzung die entscheidende Grundlage für das Auftreten nach außen, gegenüber Tarifvertragsparteien, aber auch potenziellen Mitgliedern, dar, so muss auch aus der Satzung, gegebenenfalls nach Auslegung, ersichtlich sein, welchen Zuständigkeitsbereich der Verband für sich in Anspruch nimmt. Hierfür ist eine hinreichend deutliche Festlegung des gewollten Organisationsbereichs unerlässlich.

Wenn beispielsweise in dem D.-Tarifvertrag aus dem Jahr 2003 auch Entgeltgruppen für hauswirtschaftliche Hilfskräfte, Reinigungskräfte, Hilfsarbeiter, Küchenhilfen, Beiköche, Erzieher, Therapeuten und Ärzte vereinbart wurden, so ist die Einbeziehung dieser Gruppen in den Tarifvertrag nur dann begründbar, wenn die Regelung in § 3 Abs. 2 der Satzung eine Allzuständigkeit eröffnete. Dieses ist mit der Funktion der dem Verband verliehenen Satzungsautonomie nicht vereinbar. Damit regelt nicht der Verband selbst und abschließend, für welchen Bereich er gewillt ist, Tarifverträge abzuschließen, vielmehr vermeidet er die ihm obliegende Definition des Umfangs der Tarifzuständigkeit und überlässt letztlich die Bestimmung seines Organisationsbereichs den Aufnahmeanträgen zukünftiger Mitglieder.

Dass eine Gewerkschaft, was der Beteiligte zu 6) zu Recht hervorhebt, aus ihrer verfassungsrechtlich geschützten Organisations- und Satzungsautonomie heraus frei darüber entscheiden kann, für welche Arbeitnehmer und in welchem Wirtschaftsbereich sie tätig werden will, ist damit nicht in Streit gezogen. Gleichermaßen ist aber der Organisationsbereich in der Satzung mit einem, wenn auch auslegungsfähigen, für Dritte bestimmbaren Inhalt abschließend festzulegen. § 3 Abs. 2 der Satzung ist hierfür ungeeignet.

(c) Eine Tarifzuständigkeit der D.-Gewerkschaft e.V. für Mitglieder, die nicht zu kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören, ist ebenfalls nicht aus dem Umstand abgeschlossener Tarifverträge oder deren möglicher Zahl abzuleiten. Eine ausreichende Indizwirkung für eine entsprechende Tarifzuständigkeit folgt hieraus nicht. Gleiches gilt für die aus dem Abschluss von Tarifverträgen folgende tatsächliche Handhabung und die gegebenenfalls hieraus ersichtlich werdenden Anschauungen der beteiligten Berufskreise. Dies gilt sowohl, soweit die Beteiligte zu 2) die Tarifzuständigkeit aus den §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 der jetzt gültigen Satzung als auch aus § 3 Abs. 2 der Satzung herleitet.

Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2), 7) und 8) sind Tarifabschlüsse allein nicht zur Bestimmung der Tarifzuständigkeit heran zu ziehen. Zwar sind Tarifabschlüsse nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 28.03.2006 - 1 ABR 58/04 - AP Nr. 4 zu § 2 TVG Tariffähigkeit) geeignet, für die Tarifmächtigkeit , jedoch nicht für die Tarifzuständigkeit einer Gewerkschaft zu sprechen. Die Zahl der abgeschlossenen Tarifverträge wurde in der vorzitierten Entscheidung als ausschlaggebendes Kriterium für die Bejahung der Tariffähigkeit der CGM, nicht aber für deren Tarifzuständigkeit angesehen. Die Tarifzuständigkeitsbestimmung unterliegt anderen gesetzlichen und tarifrechtlichen Anforderungen als die Tariffähigkeit und ist als selbstständige Wirksamkeitsvoraussetzung von dieser zu trennen und gesondert zu würdigen (Wiedemann/Oetker, a.a.O., § 2 Rz 61). Auch wenn der Abschluss von Tarifverträgen Indiz für die Durchsetzungskraft und Leistungsfähigkeit einer Gewerkschaft ist, lässt sich dies nicht gleichermaßen auf die Tarifzuständigkeit übertragen. Tarifzuständigkeit ist die Fähigkeit eines an sich tariffähigen Verbandes, Tarifverträge mit einem bestimmten Geltungsbereich abzuschließen. Diese Fähigkeit hat eine hinreichend konkrete Niederlegung des Zuständigkeitsbereichs in der Satzung zur Voraussetzung. Anders als in der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts geht es im vorliegenden Fall mithin nicht um die Anzahl der abgeschlossenen Tarifverträge, sondern um eine sich aus der Satzungsautonomie ergebende Regelung zur Tarifzuständigkeit, für deren Feststellung in erster Linie der in der Satzung festgelegte Organisationsbereich aussagekräftig ist.

Dass der Abschluss von Tarifverträgen oder die Aufnahme von Mitgliedern in den Verband Teil der tatsächlichen Handhabung und Ausdruck der beteiligten Berufskreise sein kann und diese Umstände bei der Auslegung Berücksichtigung zu finden haben, wurde oben unter Hinweis auf die entsprechende Literatur und Rechtsprechung (II. 3) a) (3) und (4)) bereits ausgeführt (vgl. BAG 29.06.2004 - 1 ABR 14/03 - AP Nr. 10 zu § 97 ArbGG 1979; 24.07.1990 - 1 ABR 46/89 - AP Nr. 7 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Gleichermaßen wurde aber auch belegt, dass durch ein bloßes Tätigwerden außerhalb der satzungsgemäßen Aufgaben die Tarifzuständigkeit nicht erweitert, eine fehlende Tarifzuständigkeit nicht begründet wird. Die Bestimmung der Tarifzuständigkeit muss allein aus der Satzung folgen (Löwisch/Rieble, a.a.O., § 2 Rz 94 unter Hinweis auf BAG 24.07.1990 - 1 ABR 46/89 - AP Nr. 7 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit). Insoweit sind Tarifabschlüsse allein kein Kriterium zur Bestimmung der Zuständigkeit und für sich allein nicht geeignet, die satzungsmäßige Tarifzuständigkeit zu erweitern (BAG 29.06.2004 - 1 ABR 14/03 - AP Nr. 10 zu § 97 ArbGG 1979; 24.07.1990 - 1 ABR 46/89 - AP Nr. 7 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit): Auch wenn der Abschluss von Tarifverträgen zwischen Tarifvertragsparteien als Indiz dafür angesehen werden mag, dass die Beteiligten selbst in dem jeweils anderen Vertragspartner denjenigen sehen, mit dem sie einen solchen Vertrag auch abschließen können und damit zugleich auch dessen Durchsetzungsfähigkeit annehmen mögen, ist damit, wie der Beteiligte zu 4) zu Recht hervorhebt, kein Beweis dafür erbracht, dass nach internem Recht den beiden Parteien des Vertrages wiederum die erforderliche Kompetenz hierfür zusteht. Die Akzeptanz durch den Vertragspartner kann, wie die Beteiligte zu 1) zutreffend ausführt, nicht allein maßgebend sein, da ansonsten Dritte, mithin auch Nichtmitglieder über die Zuständigkeit eines Verbandes entscheiden würden. Darüber hinaus würde sich der Umfang der Tarifzuständigkeit mit neuen Abschlüssen auch jeweils verändern können. Damit würden Tarifgegner und Dritte Einfluss auf den Satzungsinhalt nehmen können, der ihnen nicht zusteht.

Selbst wenn vorliegend aus der tatsächlichen Handhabung der Satzungsregelungen in den §§ 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 und 2 für die Beteiligten zu 7) und 8) unmissverständlich zu folgern sein sollte, dass die Beteiligte zu 2) ihre Tarifzuständigkeit für das D. praktizierte, so wäre diese Handhabung der beteiligten Berufskreise auf der vorstehend dargestellten Satzungsgrundlage wenig aussagefähig zur Bestimmung der Tarifzuständigkeit. Dabei mag mit der D.-Gewerkschaft e.V. davon ausgegangen werden, dass sie seit dem Jahr 2000 insgesamt 19 Tarifverträge mit D.-Landesverbänden, D.-Kreisverbänden, D.-Tarifgemeinschaften und anderen Gesellschaften des D. abgeschlossen hat. Selbst wenn die von der Beteiligten zu 2) angegebene Anzahl von abgeschlossenen Tarifverträgen zugrunde gelegt wird, kommt dem ein erhebliches Indiz für die Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) für das D. nicht zu, denn die Tarifzuständigkeit ist, wie ausgeführt, in der Satzung hinreichend bestimmbar nur für die kaufmännischen und verwaltenden Berufsgruppen definiert. Die Satzung regelt hingegen nicht eine darüber hinausgehende uneingeschränkte Tarifzuständigkeit der Beteiligten zu 2) für alle beim D.-Verband S. beschäftigten Mitglieder. Erst recht gilt dies für die spezielle Tarifzuständigkeit des D.-Verband S.. Das Tätigwerden einer Arbeitnehmervereinigung durch Abschluss von Tarifverträgen außerhalb ihres satzungsgemäßen Zuständigkeitsbereichs führt nicht zu einer Erweiterung der Tarifzuständigkeit. Der Zuständigkeitsbereich muss bereits bei Abschluss der Tarifverträge hinreichend klar und eindeutig in der Satzung niedergelegt sein. Es verbietet sich, den Organisationsbereich allein durch den Abschluss von Tarifverträgen bestimmen zu lassen, da damit eine im Voraus nicht hinreichend definierte Zuständigkeit in Anspruch genommen würde. Das Tätigwerden einer Arbeitnehmervereinigung außerhalb ihres in der Verbandssatzung festgelegten Organisationsbereichs führt nicht zu einer Erweiterung der Tarifzuständigkeit.

(d) Der neue letzte Satz in § 2 Abs. 2a der Satzung, wonach von der D.-Gewerkschaft e.V. abgeschlossene Tarifverträge die Tarifbindung für alle Mitglieder begründen, ist letztlich ebenfalls nicht geeignet, den Zuständigkeitsbereich der Beteiligten zu 2) zu erweitern. Mit diesem Satz wurde etwas formuliert, was selbstverständlich ist. Tarifverträge gelten immer für die Mitglieder der tarifschließenden Partei. Eine Tarifzuständigkeit ist durch den Abschluss von Tarifverträgen für die hiervon erfassten Mitglieder und/oder Berufsgruppen nicht festgelegt. Auch nach der Anlage 1 zur Begründung der Satzungsänderung des neuen letzten Satzes in § 2 Abs. 2a der Satzung wird zur Zweckerreichung lediglich ausgeführt, "dass sich ohne Verbindung zu § 3 die Tarifbindung von D.-Gewerkschaft e.V.-Mitgliedern auch auf andere Berufe erstreckt, ohne dass dadurch die tarifliche Zuständigkeit des D.-Gewerkschaft e.V. zwangsläufig erweitert wird". Damit wird ersichtlich auf die Zuständigkeitsregelung selbst nicht abgezielt. Dass die Tarifgebundenheit von der Tarifzuständigkeit zu unterscheiden ist, ist nicht weiter auszuführen (vgl. nur BAG 18.07.2006 - 1 ABR 36/05 - AP Nr. 19 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit).

Aus allem folgt, dass eine Tarifzuständigkeit der D.-Gewerkschaft e.V. für den Abschluss von Tarifverträgen für bei dem D. Verband S. e.V. sowie dessen Untergliederungen, Einrichtungen und Gesellschaften aller Art beschäftigte Arbeitnehmer, die nicht zu den kaufmännischen und verwaltenden Berufen gehören, mit der jetzt gültigen Satzung nicht begründet worden ist. Demgemäß war auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) der arbeitsgerichtliche Beschluss abzuändern, ihrem Hilfsantrag stattzugeben und der Hauptantrag abzuweisen. Zugleich war der Antrag der D.-Gewerkschaft e.V. auf Feststellung einer uneingeschränkten Tarifzuständigkeit abzuweisen.

C.

Zu einer Kostenentscheidung bestand im Hinblick auf § 2 Abs. 2 GKG keine Veranlassung.

Die Rechtsbeschwerde war nach den §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Der Sache kommt grundsätzliche Bedeutung zu.

Ende der Entscheidung

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